Zur Wahl: Gregor Weichsel

Gregor Weichsel. Foto: privat.

In kurzen Interviews stellen sich die Bewerberinnen und Bewerber für die frei werdenden Positionen im Kreissynodalvorstand vor. Gregor Weichsel, Jahrgang 1976, verheiratet, drei Kinder, seit 2011 Pfarrer in Euskirchen, kandidiert als zweiter Stellvertreter der Skriba. Ist ein Amt im Kreissynodalvorstand (KSV) eine Fortführung Ihrer bisherigen Arbeit oder etwas Neues? Struktur- und Zukunftsfragen gehören auch zur […]

In kurzen Interviews stellen sich die Bewerberinnen und Bewerber für die frei werdenden Positionen im Kreissynodalvorstand vor.

Gregor Weichsel, Jahrgang 1976, verheiratet, drei Kinder, seit 2011 Pfarrer in Euskirchen, kandidiert als zweiter Stellvertreter der Skriba.

Ist ein Amt im Kreissynodalvorstand (KSV) eine Fortführung Ihrer bisherigen Arbeit oder etwas Neues?

Struktur- und Zukunftsfragen gehören auch zur Arbeit in der Gemeinde, aber im Kern bin ich dort Seelsorger und Prediger. Im KSV erwarte ich deutlich mehr Aufgaben aus jenen Feldern, also: schon etwas Neues.

Wie erklären Sie den KSV Leuten, die gar nicht wissen, was das ist?

Meinen Kindern (10, 13 und 15 Jahre alt) habe ich gesagt: „Das ist sowas wie das Presbyterium für die Gemeinschaft von 13 Kirchengemeinden. Und die sind verantwortlich für gemeinsame Aufgaben der Kirche wie die Jugendbildungsstätte, Öffentlichkeitsarbeit, Frauenreferat, Pfarrstellen in Berufsschulen, Krankenhäusern, Gefängnissen, Notfallseelsorge und so weiter.“ Für Menschen, die auch nicht wissen, was ein Presbyterium ist, käme an diese Stelle „das Gremium, das die Verantwortung hat, für …“

Wo wollen Sie hin mit der Kirche von morgen?

Zu den Menschen.

Wie holen Sie die nächste Generation ins Boot?

Ich versuche, digitale Formen der Kommunikation ernst zu nehmen und zu erlernen, dort mitzulesen und zuzuhören, ohne mich anzubiedern. Ich bin überzeugt: die nächste Generation bleibt an Bord oder kommt an Bord, wenn sie nicht 30 Jahre warten muss, ehe sie über den Kurs mitentscheiden darf.

In der Evangelischen Kirche läuft einiges falsch, zum Beispiel …

… ein Bauantrag, der von der Landeskirche dreimal zurückgeschickt wird mit einer ganzen DIN A4-Seite Checkliste. Alle Punkte sind aber erfüllt. Im Beschluss des Presbyteriums ist festgelegt, aus welchem Budget und mit welchem Kostenrahmen gebaut werden soll usw… Aber es fehlt der Satz innerhalb des Beschlusstextes „Die Durchführung der Baumaßnahme wird beschlossen.“ – Dass ein Baukirchmeister mit Erfahrung im öffentlichen Dienst, eine Gemeindesekretärin, ein Pfarrer und damals Frau Barnikol hierüber verzweifeln und erst nach zwei Wochen Daueranrufen im Landeskirchenamt die verantwortliche Person ans Telefon bekommen – da läuft etwas falsch, denn eine Mail mit dem, was fehlt, hätte schnell zum Ziel geführt.

Was mich immer wieder überzeugt, in dieser Kirche weiterzumachen, ist:

… wenn ich in der Gemeinschaft im Gebet spüre, dass nicht wir, sondern Gott selbst die Kirche trägt und führt: mit den Konfis bei der Feier des Abendmahls in der Kapelle in Merzbach genauso wie in Taizé, beim Abschlussgottesdienst eines Kirchentages genauso wie bei der Musik zum Eingang des Gottesdienstes zur Eröffnung unserer letzten Herbstsynode durch die Jugendband 7Heaven mit Schlagzeug, Orgel und viel Gefühl.

Das erste, was ich mache, wenn ich im KSV bin, ist:

… die nicht unbekannten Gesichter freundlich anschauen und das Meine dazu tun, dass auch das neue Gremium schnell in eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit findet, in der es auch sachlich kontrovers zugehen kann und vielleicht manchmal auch muss, um die beste Lösung zu finden.

Bisher arbeiteten die Superintendenten auf der Grundlage eines Modells, wonach Dreiviertel der Arbeitszeit für die Leitung des Kirchenkreises, ein Viertel für Aufgaben in der Heimatgemeinde verwendet werden. Befürworter:innen nennen das „Bodenhaftung“. Wie stehen Sie dazu?

Ich selbst habe 2014/15 ähnlich argumentiert und damals für das bislang gültige Modell gestimmt. Die Mehrheit der Kirchenkreise entscheidet sich nun für Modelle, in denen kein Stellenanteil in der Gemeinde verbleibt. Auch der scheidende Superintendent hat sich klar geäußert und begründet, warum er es für sinnvoll erachtet, sich ganz dem Amt der Superintendentin, des Superintendenten zu widmen. Das waren die ausschlaggebenden Gründe für mich, meine Meinung zu ändern.
Ich kenne beide Personen, die nun zur Wahl stehen, gut genug, um mir sicher zu sein, dass sie bodenständig bleiben und die Realität des Gemeindelebens nicht nur nicht vergessen, sondern dass sie Wege finden werden, Gemeindeleben, aber auch die Situationen in den Funktionspfarrstellen mitzuerleben, wahrzunehmen und angemessen zu teilen.

Der Kirchenkreis verantwortet drei Arbeitsfelder: Synodales Jugendreferat mit der Jugendbildungsstätte, Frauenreferat und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Wo sehen Sie die in Zukunft?

Ich habe in der Synode deutlich Stimmen gehört, die eine Aufgabenkritik und damit implizit die Reduktion dieser Stellen fordern. Bei einer Aufgabenkritik stehen alle Bereiche auf dem Prüfstand. Aus meiner jetzigen Sicht leistet jeder dieser Bereiche hervorragende Arbeit: die Jugendbildungsstätte wurde vor nicht langer Zeit ertüchtigt und ohne Jugendreferat ist Merzbach und die Jugendarbeit im Kreis schwer vorstellbar. Ebenso beim Frauenreferat: Wenn ich daran denke, wie hoch die Nachfrage alleine in Euskirchen für die Kurse für Wiedereinsteigerinnen in den Beruf war, wenn ich an das Reformatorinnenprojekt denke, dann wird deutlich, dass das Arbeitsfeld gesellschaftlich von Bedeutung ist und kreativ und profiliert mit einem evangelischen Profil gefüllt wird. Und nicht erst unter den Herausforderungen der Pandemie hat sich gezeigt, dass neben den klassischen Formen digitale Öffentlichkeitsarbeit große Chancen bietet und den Gemeinden Unterstützung gut tut – schon dieser Fragebogen mit kreativen und pointierten Fragen beweist die Qualität der Arbeit, die hier geleistet wird.

Würde ich als Teil des KSV vor die Aufgabe gestellt, diese ohnehin knapp bemessenen Stellen zu kürzen, dann wären für mich zwei Grundsätze gesetzt: Erstens müsste geklärt werden, wie die wichtigen Aufgaben dann in Zukunft erfüllt werden, etwa in Kooperationen mit dem Bonner Kirchenkreis. Zweitens sehe ich uns den Stelleninhaber:innen gegenüber in der Verantwortung, für sie gangbare Wege zu finden.