Presbyterial-synodal nicht in Frage stellen

Seit mehr als zehn Jahren malen Politiker, Wissenschaftler und Medien das Gespenst sinkender Geburtenraten und Steuereinnahmen an die Wand. Die Auswirkungen auf die rheinische Kirche dürften also nicht erst jetzt aufgefallen sein. Die EKiR sollte also umgehend ihre Versäumnisse eingestehen, anstatt den Gemeinden Kurzsichtigkeit in personellen und finanziellen Fragen vorzuwerfen. Das schreibt Friedrich-Wilhelm Ehmann, Presbyter […]

Seit mehr als zehn Jahren malen Politiker, Wissenschaftler und Medien das Gespenst sinkender Geburtenraten und Steuereinnahmen an die Wand. Die Auswirkungen auf die rheinische Kirche dürften also nicht erst jetzt aufgefallen sein.

Die EKiR sollte also umgehend ihre Versäumnisse eingestehen, anstatt den Gemeinden Kurzsichtigkeit in personellen und finanziellen Fragen vorzuwerfen. Das schreibt Friedrich-Wilhelm Ehmann, Presbyter aus Swisttal, in einem Brief an Superintendent Dr. Eberhard Kenntner. Wir dokumentieren das Schreiben im Wortlaut:

Prioritätendiskussion

Sehr geehrter Herr Dr. Kenntner!

Nach vier Arbeitsgruppensitzungen, nach der Diskussion der Themenbereiche auf der Synode und der Vorstellung einzelner Ergebnisse vor dem Plenum bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass die derzeitige prekäre finanzielle und personelle Situation im Wesentlichen auf Versäumnissen der Leitung unserer Landeskirche beruht.

Seit mehr als zehn Jahren malen Politiker, Sozialwissenschaftler und Medien das Schreckgespenst sinkender Geburtenraten und zurückgehender Steuereinnahmen an die Wand. Die Auswirkungen auf die Evangelische Kirche im Rheinland dürften den Verantwortlichen in Düsseldorf doch nicht erst jetzt aufgestoßen sein. Ebenso sollte m. E. niemand anders als die Kirchenleitung über einen besseren, unmittelbareren Einblick in die Entwicklung bei Pfarrern in Wartestand und Sonderdienst, bei Studenten der Theologie und anderen Pfarramtsanwärtern verfügen. Die genannten Überhänge sind doch nicht über Nacht entstanden!

Die Leitung sollte also umgehend ihre Versäumnisse eingestehen, anstatt den Presbyterien am Ende der Entscheidungskette Kurzsichtigkeit in personellen und finanziellen Fragen vorzuwerfen. Schon gar nicht ist das ein Grund, die presbyterial-synodale Ordnung in Frage zu stellen und dafür auch noch Theologen und Kirchengeschichtler zu bemühen. Die bisherige Diskussion hat gezeigt, dass dieser Ansatz taktisch falsch ist und unüberwindlichen Unmut erzeugt – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt.

Ich schlage deshalb vor, auf Landeskirchenebene die auch von den Arbeitsgruppen vorgeschlagene Personalkonzeption unverzüglich zu entwickeln und mit klaren Richtlinien für Planung und Bewirtschaftung in Kraft zu setzen. Ziel muss es sein, den Wartestand und andere personelle Überhänge konsequent abzubauen mit einem Veränderungsmanagement, das vorzeitige Pensionierungen und Übergangshilfen in andere Berufe nicht ausschießt, und dem verbleibenden Personal gesicherte Perspektiven aufzuzeigen. Das sollte in einem Zeitraum von weniger als zehn Jahren möglich sein. In dieser Zeit muss der Landeskirche vorübergehend größere Einflussnahme auf die Pfarrstellenbesetzung, ggf. sogar ein Besetzungsrecht mit Veto bei Kirchenkreisen und Gemeinden eingeräumt werden. Abhängig vom Erfolg der landeskirchlichen Maßnahmen dürfte das Vertrauen von Kirchenkreisen und Gemeinden in die Kompetenz der Leitung wachsen und die Bereitschaft zum Abbau eventuell noch bestehender Beratungsresistenz steigen. Die Gemeinden ihrerseits könnten sich in der Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden über die gesamte Bandbreite von Möglichkeiten „profilieren“. Die von der Arbeitsgruppe Dienst- und Arbeitsrecht vorgeschlagenen besoldungs- und versorgungsrechtlichen Maßnahmen können parallel dazu realisiert werden.

Am Ende dieser Übergangsperiode werden dann eventuell notwendige Veränderungen der presbyterial-synodalen Ordnung vor dem Hintergrund einer bereinigten Personallage und einer weiter entwickelten Gemeindestruktur und mit den Erfahrungen eines erfolgreich abgeschlossenen Veränderungsprozesses kompetenter und aufgeschlossener beraten und beschlossen werden können.

Ich denke, dass der Vorschlag einer solchen „Übergangsphase“ geeignet ist, den Blick auf das brennende Problem des Personalabbaus zu fokussieren, ohne zunächst Zeit und Kraft auf dem schwierigen Feld der Verlagerung von Zuständigkeiten innerhalb der presbyterialen-synodalen Ordnung mit wenig Aussicht auf eine aktuelle zufrieden stellende Lösung zu vergeuden.
 

 

 

 
 

 

 

© 2015, Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel – Ekir.de
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung