Notfallseelsorge

Sabine Schröder (v.l.), Presbyterin in Swisttal, Elke Feuser-Kohler vom Fluthilfeteam des Diakonischen Werkes Bonn und Olga Fix mit Superintendentin Claudia Müller-Bück bei der Entsendung. Foto: KG Swisttal

Samstagmorgen – 7.18 Uhr – der schrille Handyton … „Sofort ist mir klar, Einsatz!“, berichtet Sabine Schröder aus Swisttal. Sie stellt ihr Engagement in der seelsorgliche Begleitung von Betroffenen in der Akutphase nach einem tragischen Ereignis vor. Das Display zeigt: „Einsatz in Bonn – Betreuung nach Suizid“. Ich bestätige mit: „Okay“. Und schon geht es […]

Samstagmorgen – 7.18 Uhr – der schrille Handyton … „Sofort ist mir klar, Einsatz!“, berichtet Sabine Schröder aus Swisttal. Sie stellt ihr Engagement in der seelsorgliche Begleitung von Betroffenen in der Akutphase nach einem tragischen Ereignis vor.

Das Display zeigt: „Einsatz in Bonn – Betreuung nach Suizid“. Ich bestätige mit: „Okay“. Und schon geht es los: Schuhe an, lila Jacke der Notfallseelsorge (NFS) und vorbereiteten Rucksack schnappen, der Familie kurz Bescheid geben und ab ins Auto und los. In der Zwischenzeit hat mich auch schon die Adresse erreicht, die ich mithilfe meines Navis ansteuere. Unterwegs telefoniere ich mit den Einsatzleitern, um noch weitere Hintergrundinformationen zu bekommen …

So oder ähnlich beginnt ein Einsatz in der Notfallseelsorge Bonn / Rhein-Sieg. Sie ist eine ökumenische Initiative der evangelischen und katholischen Kirche. Dennoch bietet sie Unterstützung für alle Notfallbetroffenen unabhängig der konfessionellen und ethnischen Herkunft.

Betreut werden zum Beispiel die Hinterbliebenen nach einem plötzlichen Tod eines Angehörigen, nach einem Suizid im Umfeld, nach einem plötzlichen Kindstod oder Menschen nach Gewalterfahrungen oder Augenzeugen eines Unfalls. Auch die Überbringung einer Todesnachricht in Zusammenarbeit mit der Polizei gehört zum Einsatzgebiet der Notfallseelsorger*innen. Die NFS ist das ganze Jahr rund um die Uhr einsatzbereit und für alle Menschen kostenfrei.

Fast alle Mitarbeitenden arbeiten ehrenamtlich. Die intensive Ausbildung umfasst 90 Unterrichtsstunden. Neben der Seelsorge in Extremsituationen werden auch Kenntnisse über Trauer und Psychotraumatologie vermiBelt wie auch Fragen nach eigener und fremder Schuld, nach Sinn des Ereignisses und des Lebens überhaupt.

Auch religiöse Fragestellungen in Grenzsituationen und religiöse Rituale sind Inhalte der Ausbildung. Nach der theoretischen Ausbildung erfolgt die „Hospitationszeit“, in der neue Notfallseelsorger*innen zusammen mit erfahrenen Mitarbeitenden die Einsätze absolvieren.

Regelmäßig finden Fortbildungen statt, ebenso wie ein monatliches Teamtreffen zum fachlichen und organisatorischen Austausch. Jederzeit besteht für alle Mitarbeitenden die Möglichkeit zu einer externen Supervision mit einer Psychotherapeutin. Anfang März dieses Jahres wurden 28 Notfallseelsorger*innen in einem feierlichen Gottesdienst in der Kreuzkirche in Bonn in die Notfallseelsorge Bonn/RheinSieg entsendet. Darunter Olga Fix und Elke Feuser – Kohler vom „Flutteam“ des Diakonischen Werkes Bonn und Sabine Schröder, Presbyterin in Swisttal.

Olga Fix: Durch die Tätigkeit in der Fluthilfe war ich in der Arbeit der Notfallseelsorge zum Teil schon drin. Bei der Betreuung der Betroffenen haben wir nicht nur mit den Folgen der Flut zu tun, sondern auch mit vielen anderen Schicksalsschlägen. Somit war für mich klar, dass ich diese Fortbildung mache.

Elke Feuser-Kohler: Die Flutkatastrophe 2021 hat den Bedarf der Notfallseelsorge sehr deutlich gemacht. Ich bin seit September 21 bis heute in der Nachsorge dieser Katastrophe tätig. Da war es für mich ein Wunsch die Ausbildung zu absolvieren, die mich dazu befähigt, früher in solchen Krisen tätig zu werden zu können.

Sabine Schröder: Beruflich als Heilpraktikerin habe ich schon eine Reihe psychotherapeutische Ausbildungen und Fortbildungen gemacht und dennoch war ich überrascht, wie wenig ich davon in der Flutnacht und am Tag danach wirklich anwenden konnte. Da ging es eher ums Überleben nach der Tragödie, um Hoffnung, um Nähe, um Zuhören, um Aushalten, um Orientierung. Mir stellte sich die Frage, wie man Menschen gezielter helfen kann, die sich gefühlsmäßig gerade in einer Ausnahmesituation befinden, die z. B. gerade einen lieben Menschen verloren haben und bei denen von einer Sekunde auf die andere nichts mehr so ist, wie es mal war. Dann bekam ich die Möglichkeit vom Kirchenkreis Bonn / Bad Godesberg-Voreifel im Februar 2022 eine Ausbildung zur Notfallseelsorgerin zu machen, die ich gerne annahm.

Sabine Schröder