In einer „Schlüsselposition“

Ohne sie geht in den Kirchengemeinden oft gar nichts: Küsterinnen und Küster sind nicht nur da, wenn es um die praktischen Dinge geht. Eine Küsterin und ein Küster erzählen von ihrem Dienst. „Wissen Sie niemanden, der bei uns als Küster arbeiten könnte?“. Diese Frage von Pfarrer Ernst Edelmann war für Christine Gildenhardt im Juni 2004 […]

Ohne sie geht in den Kirchengemeinden oft gar nichts: Küsterinnen und Küster sind nicht nur da, wenn es um die praktischen Dinge geht. Eine Küsterin und ein Küster erzählen von ihrem Dienst.

„Wissen Sie niemanden, der bei uns als Küster arbeiten könnte?“. Diese Frage von Pfarrer Ernst Edelmann war für Christine Gildenhardt im Juni 2004 der Beginn eines neuen Lebensabschnittes. Mit einer 24-Stunden-Stelle sorgt die gelernte Augenoptikerin seither dafür, dass von A bis Z alles klappt und stimmt in der denkmalgeschützten Versöhnungskirche in Buschhoven und dem Gemeindezentrum, einem historischen Schulhaus.

Von A wie Amtshandlungen, Abendmahl, Antependium oder Adventskranz über B wie Blumenschmuck, Begrüßungsdienst, Beerdigung und Brandschutz über G wie Gottesdienst und Glocken und K wie Kirchenraum, Kerzen, Konfirmation, Kollekte und Kontrolle technischer Geräte bis zu H wie Heizung und Hochzeit und Z wie Zeltabbau beim Gemeindefest reichen ihre vielfältigen Aufgaben.

 

 

Als Küsterin arbeitet Christine Gildenhardt weithin unsichtbar. Ihre Arbeit, so klagen manche Kolleginnen und Kollegen, falle häufig erst dann auf, wenn sie ausfalle. Altpräses Kock hat den Küsterdienst als „Schlüsselposition“ in der Gemeinde bezeichnet. Denn es geht um mehr als Auf- und Abschließen, Glockenläuten und Stühlestellen. Es geht auch um Kontakt, Präsenz und Erreichbarkeit.

Mit Farbtupfern ein Zuhause bieten

„Ich bin oft Ansprechpartnerin für Menschen, die jemandem ihr Herz ausschütten wollen“, sagt die 50-Jährige. Manchmal findet solche „Minutenseelsorge“, wie Christine Gildenhardt diesen Bereich ihrer Arbeit nennt,  ganz nebenbei statt. Zum Beispiel, wenn sie putzt oder  Laub fegt. „Diese Zeit muss einfach sein“, findet sie. Zeit, die sich auf keinem Stundenzettel  und in keiner Dienstanweisung wiederfindet. Ohne Glauben könne sie ihre Arbeit nicht machen, meint die Küsterin. Sie fühlte sich schon als Jugendliche in der Kirche zu Hause. So versteht sie auch die Vorbereitung des Gottesdienstes als Beitrag zur Verkündigung. Dazu gehört das Anschlagen von Liedern genauso wie das Anwärmen des Taufwassers,.

Als Küsterin will sie dazu beitragen, dass auch kirchenferne Menschen in der Kirche ein Zuhause finden. Weil sie überzeugt ist, dass Räume ihre eigene Sprache haben, sorgt sie mit Blumen, kleinen Farbtupfern und vielen unsichtbaren Handgriffen dafür, dass die Räume der Gemeinde einladend sind. Dazu gehört auch, dass Christine Gildenhardt im Kirchencafé nach dem Gottesdienst selbstgebackenen Kuchen auftischt – mit dem Erfolg, dass es mehr und mehr zum einladenden Kontaktpunkt wird.

Putzen, reparieren, Brücken bauen

Auch die für den Küsterberuf nötigen handwerklichen Voraussetzungen bringt Christine Gildenhardt mit. „Ich kann auch einen Nagel in die Wand hauen“, lacht die frühere Werkstattleiterin selbstbewusst. Denn als Küsterin darf sie sich vor anstehenden kleinen Reparaturen nicht fürchten. Beim Umbau der ehemaligen Wallfahrtskirche in Buschhoven war sie als Ansprechpartnerin der Handwerker täglich auf der Baustelle. Das zu ihrem Dienst gehörende Putzen allerdings ist keine ihrer Lieblingsaufgaben. „Muss aber einfach sein – und zwar gründlich“, meint sie. Froh ist sie über den guten Draht zu Pfarrer und Presbyterium. Weil sie rechtzeitig in die Planung größerer Veranstaltungen einbezogen wird, fühlt sie sich nicht als „Befehlsempfängerin“. „Ich bin so etwas wie Brückenbauerin“, sagt sie.

Kein Museumswächter, aber ein „geistlicher Beruf“

Michael Bork gehört mit einer vollen Stelle zu einer Minderheit. Denn von den 3311 Küsterinnen und Küstern in der Landeskirche ist nur noch jeder oder jede Fünfte mit einer vollen Stelle beschäftigt. In den letzten Jahren wurden vielfach Vollzeit-Küsterstellen aufgehoben oder reduziert. Mancherorts wurde der Dienst in mehrere 400 Euro-Stellen gesplittet oder ganz auf Ehrenamtliche verteilt. Inzwischen haben 41 Prozent der Mitarbeitenden im Küsterdienst einen Dienstumfang von unter 25 Prozent.

Michael Bork ist seit 1989 mit voller Stelle und voller Begeisterung Küster und Hausmeister der Evangelischen Kirchengemeinde Euskirchen. 1000 Quadratmeter Kirche und Gemeindezentrum managt der 45-Jährige. „Ich bin kein Museumswächter. Ein sauberes, aber totes Gemeindezentrum ist in zehn Jahren ein geschlossenes Gemeindezentrum“, beschreibt der gelernte Konditor seine Grundeinstellung. Damit trägt er dazu bei, dass die Jugendlichen sich zu Hause fühlen und dass neben dem alltäglichen Betrieb auch Veranstaltungen wie der Rheinische Hauskreistag oder der Küstertag der Rheinischen Landeskirche im Haus guten Service erleben.

Schon als Elfjähriger half er dem Vater bei dessen Küsterdienst. Als sich die Gelegenheit ergab, wechselte Michael Bork in die Küsterstelle. Obwohl man nicht üppig verdiene, stehe er sich finanziell besser als im gelernten Beruf, so Bork. Neben der Regelarbeit könne er zudem seine Stelle nach eigenen Fähigkeiten prägen“.

Küstersein, das ist für Michael Bork ein geistlicher Beruf. Egal, ob er den Beamer für eine Veranstaltung bereitstellt, Stühle für die Seniorenweihnachtsfeier stellt, Schulgottesdienste begleitet, den Raum der Stille gestaltet oder die Jugendräume auf Vordermann bringt: „Ich arbeite mit dem, was ich tue, geistlichen Themen zu“, sagt Bork.

Einladend mit einem „Bayrischen Abend“

Laut Leitbild will seine Gemeinde einladende Gemeinde sein. Nach dem Motto: „Der Herr ist mein Wirt“ unterstützt Michael Bork alles, was Menschen „die Liebe durch den Magen gehen“ lässt. Er kocht beim „Bayrischen Abend“, bei dem die Jugendlichen den Service übernehmen und den Reingewinn für die Jugendarbeit einnehmen. Gastfreundlich und durchaus geschäftstüchtig holt er bei sorgfältiger Prüfung auch Fremdveranstaltungen ins Gemeindezentrum.

Für die selbstverständliche Qualität seiner Arbeit erwartet Michael Bork nicht ständig Lob. „Das ist mein Job“, findet er. Gleichwohl legt er Wert darauf, dass er als Küster „nicht das Dienstmädchen und der Putzlappen aller“ ist. Auf den Küsterlehrgängen ist die Klage über fehlende Wertschätzung bei Kolleginnen und Kollegen durchaus ein Thema. Michael Bork selbst erlebt Wertschätzung auch darin, dass er in die Dienstbesprechung von Pfarrern, Kirchenmusiker und Gemeindereferent eingebunden ist. „Wir ziehen hier an einem Strang, da guckt man dann auch nicht so genau auf die Uhr“, meint er. Wenn nach einem „wilden Wochenende“ mal wieder reichlich Überstunden aufgelaufen sind, dann muss er sich manchmal selbst ermahnen, die Balance zwischen „freiwilliger Selbstausbeutung und BAT-Stundensoll“ zu halten. Insgesamt aber will er bleiben, was er ist: Küster mit voller Stelle und voller Begeisterung.

 

 
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Karin Vorländer /

 

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