Eindrücke und Entscheidungen aus Abgeordneten-Sicht

Sechs Vertreterinnen und Vertreter aus Bad Godesberg und der Voreifel haben an den Entscheidungen auf der Landessynode 2012 in Bad Neuenahr mitgewirkt. Die Synode stellt die Weichen für die Evangelische Kirche im Rheinland. Der Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel war in Bad Neuenahr vertreten durch Superintendent Dr. Eberhard Kenntner (Kirchengemeinde Rheinbach), Pfarrer Siegfried Eckert (Thomas-Kirchengemeinde Bad Godesberg), […]

Sechs Vertreterinnen und Vertreter aus Bad Godesberg und der Voreifel haben an den Entscheidungen auf der Landessynode 2012 in Bad Neuenahr mitgewirkt. Die Synode stellt die Weichen für die Evangelische Kirche im Rheinland.

Der Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel war in Bad Neuenahr vertreten durch Superintendent Dr. Eberhard Kenntner (Kirchengemeinde Rheinbach), Pfarrer Siegfried Eckert (Thomas-Kirchengemeinde Bad Godesberg), Jutta Mack (Heiland-Kirchengemeinde Bad Godesberg), Magdalena Winchenbach-Georgi (Thomas-Kirchengemeinde Bad Godesberg), sowie die berufenen Synodalen Gabriele Trull (Wachtberg), Norman Rentrop (Bad Godesberg) bzw. seiner Vertreterin Ebba Hagenberg-Miliu (Bad Godesberg) Hier lesen Sie die persönlichen Bilanzen und Eindrücke der Abgeordneten.

Pfarrer und Superintendent Dr. Eberhard Kenntner, Rheinbach:
„Es war die anstrengendste meiner bisher elf Landessynoden (plus zwei Sondersynoden). Die Finanzkrise um die bbz (Beihilfe- und Bezüge-Zentrum GmbH) wurde von Tag zu Tag deutlicher als Kompetenzkrise der handelnden Personen wahrnehmbar. Gut protestantisch war die Reaktion: Die Landessynode besann sich darauf, dass nicht die Kirchenleitung, sondern die Synode die Kirche leitet. Also setzte sie einen Vertrauensausschuss ein, der ein Gremium von kompetenten Menschen berufen soll, die die Strukturen des LKA und der Aufsichts- und Entscheidungswege untersucht. Und im Blick auf die im nächsten Jahr anstehenden Wahlen (Präses, Chef des LKA, Finanzchef) machte die Synode den Weg frei, um künftig neben TheologInnen und JuristInnen auch andere Professionen wie Betriebs-, Bank- und Finanzfachleute etc. zu Oberkirchenräten und damit in die Kirchenleitung wählen zu können.
Auch im Blick auf die beiden Streitthemen „Verwaltungsstrukturreform“ und „Personalmix“ setzte die Synode Beschlüsse durch, die die nötigen Voraussetzungen schaffen, um in beiden Bereichen landeskirchenweit planen und steuern zu können. Gleichzeitig ist aber ausgeschlossen, dass regionale Gegebenheiten und Traditionen einfach einem Einheitsdenken zu weichen haben. In beiden Entscheidungsbereichen wurde festgelegt, dass nicht die Landeskirche, sondern die Kreissynoden die entscheidenden Handlungsebenen sind, und das Quorum von 2/3-Mehrheiten bei allen Grundsatzentscheidungen gewährleistet, dass der jeweilige Kirchenkreis nur mit den Gemeinden und nicht gegen sie Festlegungen treffen kann.
Von den theologischen Themen hat mich am meisten das von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) angestoßene Papier „Leben hat seine Zeit, und Sterben hat seine Zeit“ berührt; ein klares Votum gegen unterschiedliche Formen von Sterbehilfe ist hier verbunden mit dem klaren Auftrag, seelsorglich niemanden, auch und gerade keinen suizidgefährdeten oder –willigen Menschen allein zu lassen. Endlich ist hospizliches Denken in der Mitte unserer Kirche angekommen.
Das rheinische Ausführungsgesetz zum Pfarrdienstgesetz der EKD schließlich bot keinen Anlass zu Diskussionen. Sowohl der gegenüber anderen Landeskirchen kürzere Probedienst von 2 Jahren als auch die rechtliche Gleichstellung von Ehe und eingetragenen Partnerschaften auch im Blick auf das Pfarrhaus wurden in großer Einmütigkeit gefasst. Neu sind hier die Regelungen zum freien Tag, der nun gesetzlich den TheologInnen im Pfarrdienst zusteht. Ich hoffe sehr, dass es hierüber keine kontroversen Diskussionen in den Presbyterien mehr gibt.
Am Ende stand die große Dankbarkeit dafür, dass bei allen schwierigen Themen die Suche nach der geistlichen, geschwisterlichen Gemeinschaft und das Gebet um Gottes Geleit füreinander und miteinander Kraft gab zu wirklich wegweisenden Entscheidungen.“

Magdalena Winchenbach-Georgi, Lehrerin aus Bad Godesberg und Mitglied des Kreissynodalvorstandes:
„Beeindruckend:
Das Konzert der Kreiskantoren und Kirchenmusiker am Mittwochabend, mit neuer und alter Musik, schräg und harmonisch, als Doppelchor oder mit Soloinstrument, für und mit den Landessynodalen.
Was für eine traurige Verarmung droht uns mit einer reinen „Pastorenkirche“!

Bedauerlich:
Mit der Frage nach aktiver oder passiver Sterbehilfe, nach dem Sinn von lebensverlängernden, medizinischen Maßnahmen hat die Synode ein Thema angesprochen, das vielleicht auf Lehrstühlen genauso kontrovers debattiert wird wie in manchen Familien. Schade, dass es aufgrund der Fülle der anstehenden Themen nicht breiteren Raum einnehmen konnte. Umso wichtiger ist es zu überlegen, wie diese Diskussion jetzt im Kirchenkreis weitergeführt werden kann.

Beruhigend:
Zumindest für alle, die Angst vor einer „Feminisierung der Kirche“ haben:
Davon war auf der Landessynode nun wirklich nichts zu sehen (oder zu hören).“

Hier lebt der protestantische Geist

Jutta Mack, Dolmetscherin und Presbyterin der Heiland-Kirchengemeinde Bad Godesberg:
„So sicher wie das Amen in der Kirche: Im Januar findet die Landessynode in Bad Neuenahr statt!
Dazu ein paar Impressionen:
Kurz vor Weihnachten kommen drei große Postsendungen mit den Unterlagen für die Verhandlungen. Über die Feiertage fängt man tunlichst schon mal mit dem Lesen an – sonst schafft man es nicht…
Zu Beginn der Synode die unvermeidlichen Grußworte – ein Redner sagte selbst, Grußworte
könnten zu einer modernen Form der Christenverfolgung werden!
So lange Sitzungen wie diesmal habe ich noch selten erlebt (und ich habe manchen Agrarmarathon in Brüssel mitgemacht) – aber man verlässt den Sitzungssaal auch gerne erst um Mitternacht, wenn dafür eine Einigung über höchst umstrittene Projekte erzielt wird, die keiner für möglich gehalten hätte….
Über das Finanzchaos in einem kircheneigenen Unternehmen herrschte Entsetzen und Empörung, und man war sich einig, das darf nie wieder passieren…
Aber dann die” Nacht der Töne” : Ein Konzert rheinischer Kirchenmusiker für ihre Synode (unser Kreiskantor Herr Glimpf war auch dabei), ein Durchgang durch die Kirchenmusik vom Mittelalter bis zur Neuzeit mit einem ergreifend schlichten Schlussgesang, in den wir alle einstimmen konnten, da vergisst man alle Müh und Plage und sagt am letzten Tag zueinander:

So Gott will und wir leben-
Auf Wiedersehen nächstes Jahr in Bad Neuenahr!“

Dr. Ebba Hagenberg-Miliu, Journalistin aus Bad Godesberg:
„Ich bin vom Präses berufen und stecke in dem Sinne nicht wie die meisten anderen Synodalen in der praktischen Kirchenarbeit drin. Deshalb betrachte ich eine Landessynode natürlich mit einer gewissen Distanz und kann nur meinen Respekt für den unermüdlichen Einsatz der meisten Synodalen ausdrücken: Sich sechs Tage lang ernsthaft, unbeirrt und durchweg frohen Mutes durch das Dickicht der zahllosen und nicht selten komplizierten Themenpapiere, Tischvorlagen und Anträge zu wühlen und auch noch das letzte Argument des Nachbarn mitzubedenken, um gewissenhaft entscheiden zu können, das zeichnet evangelische Basisdemokratie aus.
Bad Neuenahr heißt immer: Hier lebt der protestantische Geist. Hier leben Menschen Kirche. Egal, ob die Gesellschaft die Stimme der Synode überhaupt noch hören will – die Teilnehmer feilen bis zum späten Abend weiter an jedem Halbsatz. Frei nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt dann doch irgendwann noch den Stein.
Andererseits birgt das natürlich die Gefahr, sich zu verzetteln. Wenn vor 220 Mitgliedern des obersten Leitungsgremiums auch noch der letzte Kirchmeister genüsslich ausbreiten darf, wie in seiner Gemeinde denn so die Verwaltung werkelt, kostet das wertvolle Energien, die man meiner Meinung nach bei dieser Synode weit mehr für das Hauptthema hätte aufbringen müssen. Für die Orientierungshilfe „Leben hat seine Zeit, und Sterben hat seine Zeit“ war in meinen Augen nur enttäuschend wenig Zeit da. Sie ging fast unter in der Antragsflut über Personalplanung und Verwaltungsstrukturreformen. Die im Papier um Leben und Sterben angesprochenen Fragen brennen den Menschen aber in den Gemeinden, Altenheimen, Krankenhäusern und Hospizen ganz aktuell auf den Nägeln. Und nicht unbedingt die Frage, welches Verwaltungsmodell dringend empfehlenswert ist. Obwohl natürlich auch die Verwaltungskosten für Jedermann wichtig werden, wenn rund um den Kirchturm der Rotstift wüten muss…
Spannend war natürlich, wie die Kirchenleitung mit dem Finanzskandal um die kircheneigene bbz GmbH (Beihilfe- und Bezüge-Zentrum) umgehen würde. Ich kann aus dem Finanzausschuss nur berichten, dass es da von Seiten der Mitglieder her kräftig protestantisch zur Sache ging und keiner geschont wurde. Wie ich denn überhaupt sagen würde, dass die Stimmung auf dieser Synode schlechter als in den vergangenen Jahren war. Es war meiner Meinung nach genau der Vertrauensverlust spürbar, den der Präses in Folge des Skandals so arg befürchtet hatte. Da steht für seine Mannschaft mit Blick auf die nächsten Synoden ein mächtiges Stück vertrauensbildende Arbeit an.“

Gabriele Trull aus Wachtberg, Bundesvorsitzende der Evangelische Krankenhaus-Hilfe („Grüne Damen und Herren“) und Stellvertretende Vorsitzende des Diakonischen Rates des Diakonischen Werkes der EKiR.:
„Was mich auf der Landessynode 2012 besonders beeindruckte: Der Bericht des Präses:
Mit dem Leitgedanken „Gott spricht noch heute“, mit dem er alle thematisch aufgeführten Punkte in Beziehung setzte, hat er in ganz besonderer Weise die theologische Dimension in unsere Alltagsrealität mit hinein genommen. Das waren wunderschöne Argumente für zuversichtliches Nachvorneschauen.“

Der Vorsitzende des Diakonischen Rates des Diakonischen Werkes der EKiR ist qua Amt berufenes Mitglied der Landessynode. Seine Stellvertreterin wird eingeladen, wenn der Vorsitzende verhindert ist.

 
 

 

gar / 17.01.2012

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