Die Hilfe geht weiter

Für Flutbetroffene in der Region Euskirchen im Einsatz: Nadine Günther-Merzenich. Foto: DW Euskirchen

„Manche sind schnell vorangekommen, andere leben immer noch auf der Baustelle“, berichtet Nadine Nadine-Günther-Merzenich vom mobilen Fluthilfeteam in Euskirchen. Zwischen diesen Polen bewegen sich Betroffene der Flutkatastrophe heute, körperlich wie seelisch. Die Flut im Juli 2021 war eine der größten Naturkatastrophen in der Geschichte des Landes. Mehr als 180 Menschen sind ums Leben gekommen, der […]

„Manche sind schnell vorangekommen, andere leben immer noch auf der Baustelle“, berichtet Nadine Nadine-Günther-Merzenich vom mobilen Fluthilfeteam in Euskirchen. Zwischen diesen Polen bewegen sich Betroffene der Flutkatastrophe heute, körperlich wie seelisch. Die Flut im Juli 2021 war eine der größten Naturkatastrophen in der Geschichte des Landes. Mehr als 180 Menschen sind ums Leben gekommen, der materielle Schaden liegt in Milliardenhöhe. Die Folgen bringen Betroffene auch knapp ein Jahr später noch an ihre Grenzen.

„In ihren Grundpfeilern erschüttert“

Das erlebt auch Beate Krugel vom mobilen Fluthilfeteam für Meckenheim, Rheinbach und Swisttal: „Einige Personen, die noch bauen, sind kräftemäßig am Ende.“ Denn die Organisation des Wiederaufbaus mit Baumaterialien und der Handwerker, der Ablauf des Aufbaus und der Umgang mit Rückschlägen sind zermürbend. Weil auch nicht klar ist, wie lange diese Situation noch anhält.

Hier gibt es noch viele Baustellen, nicht nur materielle: Beate Krugel im Gespräch vor Ort. Foto: Diakonie Bonn

Wenn der Aufbau schon geschafft ist, kommt bei manchen Menschen der psychische Einbruch. Die Diakonin beschreibt dies als „eine Art mentales Ausgebranntsein“. Vergleiche mit schlimmer Betroffenen und Hinweise, dass es doch wieder schön sein, könnten da nicht weiterhelfen. „Die Menschen sind in ihren Grundpfeilern erschüttert.“

Selbst wenn beide Personenkreise sich eine Pause gönnen, tritt kein Erholungseffekt ein. „Geist und Körper können noch nicht abschalten“, berichtet Beate Krugel. Einige könnten bei länger anhaltendem Regen oder einer Unwetterwarnung nicht differenzieren. Ist das jetzt Starkregen oder nicht? Und wie ist das im Vergleich zur Regenmenge im vergangenen Jahr? „Hier regiert nur das Gefahrenzentrum und nicht die sachliche Abwägung.“

Was da helfe, ist, das Erlebte mit anderen zu teilen. Entweder mit Menschen, die ähnliche Erlebnisse hatten oder Verständnis für die Situation aufbringen. Auch Gespräche über eigene Stärken seien wichtig: “Das Bewusstmachen bisheriger Bewältigungsstrategien und was sonst im Leben trägt, etwa in der Familie oder der Partnerschaft.“

Stichwort Hochwasserschäden und Wiederaufbau

Während den „leichten“ Fällen in der Regel schon geholfen werden konnte, gibt es jetzt viele, die die Förderanträge für den Wiederaufbau an das Land allein nicht schaffen. Aus technischen Gründen oder weil ihnen die Kraft fehlt.

Die Hilfe geht weiter: „Wir bleiben da“, verspricht die Diakonie. Foto: DW Euskirchen

„Da kommt ein Antrag sechs oder sieben Mal zurück, weil ein Häkchen falsch gesetzt ist.“ Dann sind auch Nadine Günther-Merzenich und ihr Team zur Stelle. Sie finden den Fehler, motivieren, dranzubleiben und leisten psychosoziale Unterstützung.

So wie bei Heidi Jonas aus Arloff in Bad Münstereifel. Sie und und ihre Familie gehören zu den Betroffenen, die bereits umfassend von der Diakonie Katastrophenhilfe Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) unterstützt werden konnten. „Wir haben unmittelbar nach der Flut unbürokratische Soforthilfe für das Allernötigste bekommen, außerdem einen Bautrockner.“ Die Haushaltsbeihilfe sei ebenfalls schon bewilligt. „Das Fluthilfeteam Euskirchen hat uns darüber hinaus bei dem Antrag für Hilfsgelder vom Land unterstützt.“ Nun will die Familie Wiederaufbauhilfe beantragen und ist dankbar, dass die Diakonie ihr auch dabei helfen wird. Worüber Heidi Jonas besonders glücklich ist: Ihre Tochter, die halbseitig gelähmt ist, kann eine Reittherapie für Flutgeschädigte machen. „Die tut ihr sehr gut, körperlich wie seelisch.“ Finanziert wird die Therapie mit Spendengeldern der Diakonie.

Einsatz geht weiter

Die Spendengelder der Diakonie Katastrophenhilfe RWL – insgesamt 43,3, Millionen Euro kamen zusammen – werden weiterhin dringend benötigt. Foto: Diakonie RWL

Und seit Ende Juni steht fest: Die psychosoziale Begleitung der Betroffenen wird fortgesetzt. „Der Einsatz war zunächst bis Ende August 2022 geplant und wird nun um ein Jahr verlängert“, kündigte Christoph Pistorius, Vizepräses der Rheinischen Landeskirche, an. Diese kooperiert hier mit der Diakonie.

Die Diakonie Katstrophenhilfe RWL wird die Menschen auch weiterhin umfassend unterstützen. „Immer wieder hören unsere Mitarbeitenden in den mobilen Fluthilfeteams: ,Bitte vergesst uns nicht!‘ Für uns steht deshalb fest: Die Diakonie-Familie bleibt vor Ort, solange sie gebraucht wird“, betont Kirsten Schwenke, juristische Vorständin des Diakonischen Werks Rheinland-Westfalen-Lippe. Deshalb steht auch für die Diakonie Katastrophenhilfe RWL fest: Wir bleiben.

(Mit Material von Diakonie RWL)