Zur Wahl: Knut Dahl-Ruddies

Knut Dahl-Ruddies an seinem Arbeitsplatz: der Gefängniskirche Euskirchen. Foto: privat

In kurzen Interviews stellen sich die Bewerberinnen und Bewerber für die frei werdenden Positionen im Kreissynodalvorstand vor. Knut Dahl-Ruddies, Jahrgang 1967, verheiratet, drei Kinder, seit 2015 Gefängnisseelsorger in Euskirchen, 2006 bis 2015 Pfarrer in Meckenheim, geteilte Stelle mit Pfarrerin Ingeborg Dahl, davor weitere Stationen als Vollzeitvater, Ausbildung zum Change Agent und in der Kirchengemeinde Euskirchen, […]

In kurzen Interviews stellen sich die Bewerberinnen und Bewerber für die frei werdenden Positionen im Kreissynodalvorstand vor.

Knut Dahl-Ruddies, Jahrgang 1967, verheiratet, drei Kinder, seit 2015 Gefängnisseelsorger in Euskirchen, 2006 bis 2015 Pfarrer in Meckenheim, geteilte Stelle mit Pfarrerin Ingeborg Dahl, davor weitere Stationen als Vollzeitvater, Ausbildung zum Change Agent und in der Kirchengemeinde Euskirchen, seit 2020 Landessynodaler, kandidiert als Superintendent.

Ist das Amt des Superintendenten eine Fortführung Ihrer bisherigen Arbeit oder etwas Neues?

Auf den ersten Blick scheint es etwas vollkommen anderes zu sein als die Arbeit im Gefängnis. Gefangene stehen sich oft selbst im Weg. Die Folgen davon haben meist größere Auswirkungen, als wenn ein Presbyterium Handlungsunfähigkeit anmelden muss. Gefangene stehen also nicht allein da. Meine Arbeit als Landessynodaler würde intensiviert werden.

Wie erklären Sie das Amt Leuten, die gar nicht wissen, was das ist?

Je nach Profession der Leute sage ich entweder:
a) Ein Superintendent muss ständig mit der Fettpresse herumlaufen, um Lager und Gelenke zu schmieren.
b) Der Superintendent achtet darauf, dass Updates rechtzeitig eingespielt werden und die Stromversorgung ständig gewährleistet ist.
c) Als Superintendent sorgt man für Nutella, Chips und Eis und dafür, dass keiner den anderen haut.
d) #grumpycat

Wo wollen Sie hin mit der Kirche von morgen?

Wir müssen Kirche konsequent vom Kontakt zu den Menschen her denken und nicht von unserem Struktur-Organigramm.  Es bedarf möglichst unkonventioneller Ideen, um Kontaktpflege – oder wie man heute sagt – „Bindungsmanagement“ zu gestalten.

Was wären Sie für ein Chef?

Wenn man immer darauf wartet, dass der Chef (m/w/d) sagt, was zu tun ist, bleiben notwendige Veränderungen aus. In unserer Kirche haben wir zum Glück eine sehr flache Hierarchie. Deswegen eher Coach als Chef!  So wie ich meinen Kindern das Radfahren ohne Stützräder beigebracht habe: „Du fährst jetzt einfach los, treten nicht vergessen; ich bin hinter dir und halte das Rad.“ Nach fünf Metern konnten alle alleine fahren.

Ihre Mitbewerberin Claudia Müller-Bück wäre die erste Frau bei uns. Bedeutet das etwas?

Ich bin zwar keine Frau … Meine berufliche Biografie gleicht durch überwiegend reduzierte Stellen und Vollzeit-Vaterschaft eher der meiner Kolleginnen als der meiner Kollegen. Daher würde ich mir eine überdurchschnittliche Gendersensibilität bescheinigen.

Wie holen Sie die nächste Generation ins Boot?

Von Segelbooten erzählen, die hart an den Wind gehen. Nicht von Einbäumen, U-Booten oder Galeeren.

In der Evangelischen Kirche läuft einiges falsch, zum Beispiel …

Die berühmte „Was-machen-wir-aber-wenn-Frage“, nachdem unter großen Mühen gerade ein tauglicher Beschluss gefasst worden ist, mit dem alle in der Runde leben können. Statt Szenarien für B und C zu entwerfen, muss sorgfältiger darauf geachtet werden, ob eine Frage Lösungen ermöglichen oder eher verhindern will.

Was mich immer wieder überzeugt, in dieser Kirche weiterzumachen, ist:

„Christ ist erstanden“ kann man nur am Ostermorgen in einer Kirche und nicht in der Veltins-Arena singen.

Das erste, was ich mache, wenn ich Superintendent bin, ist:

Zum Friseur gehen, neue Anzüge und Schuhe kaufen, damit niemand böse Briefe schreiben muss.

Bisher arbeiteten die Superintendenten auf der Grundlage eines Modells, wonach Dreiviertel der Arbeitszeit für die Leitung des Kirchenkreises, ein Viertel für Aufgaben in der Heimatgemeinde verwendet werden. Befürworter:innen nennen das „Bodenhaftung“. Wie stehen Sie dazu?

Ich bin seit 26 Jahren in unterschiedlichen Pfarrstellen und Funktionen im Kirchenkreis unterwegs. Da besteht überhaupt keine Gefahr, an kirchlicher Bodenhaftung zu verlieren. Für gesellschaftliche Bodenhaftung zu sorgen, indem man ÖPNV benutzt, ins Café, die Kneipe oder Fußballstadion geht, halte ich für ebenso wichtig. Einen 25-Prozent-Anteil hierfür finde ich allerdings zu hoch angesetzt.

Der Kirchenkreis verantwortet drei Arbeitsfelder: Synodales Jugendreferat mit der Jugendbildungsstätte, Frauenreferat und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Wo sehen Sie die in Zukunft?

Sicher werden wir auch in Zukunft noch gut und auskömmlich Kirche sein können.
Was wir aber nicht tun dürfen, ist uns dabei am Status Quo zu orientieren. Es wird nicht mehr funktionieren, aus Angst vor Veränderung in einer Schockstarre zu verharren.

Es braucht frische Blicke, neue Einsichten und Aussichten, um unserer grundsätzlichen Beharrungstendenz entgegen zu treten. Das gilt nicht nur für einzelne Arbeitsfelder des Kirchenkreises, sondern auch für den Kirchenkreis selbst.

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