War Jeremia ein Protestant?

Wenn von „Herrjott“, „Minsche“ und „Prophette“ die Rede ist, wird schnell klar: Es handelt sich um rheinische Mundart. Ein Dialekt, geläufig aus Karneval und Kabarett. Aber in einer Bibelarbeit? Antje und Eberhard Kenntner machten den Praxistest. Das Paar aus Rheinbach – sie Lehrerin und Prädikantin, er Pfarrer und Superintendent – boten im Zentrum Liebe in […]

Wenn von „Herrjott“, „Minsche“ und „Prophette“ die Rede ist, wird schnell klar: Es handelt sich um rheinische Mundart. Ein Dialekt, geläufig aus Karneval und Kabarett. Aber in einer Bibelarbeit? Antje und Eberhard Kenntner machten den Praxistest.

Das Paar aus Rheinbach – sie Lehrerin und Prädikantin, er Pfarrer und Superintendent – boten im Zentrum Liebe in der Kartäuserkirche ihre Bibelauslegung zu Jeremia 23, 16-32 . Auf rheinisch, denn er stammt aus Bonn, sie aus Brühl.

Da wird am Freitagmorgen dann gerne und laut gelacht, wenn Antje Kenntner zur Haltung mancher Menschen zur Zeit Jeremias feststellt: „Dat es kölsche Zenbuddhismus pur, ne?“ Und sie zitiert dann gleich das kölsche Allzweck-Motto: „Et ess, wie et ess, et kütt, wie et kütt, et hätt noch emme joot jejange!“ Auf Hochdeutsch: Es ist wie es ist, es kommt, wie es kommt und es ist noch immer gut gegangen.

„Manches kann man rheinisch einfach deutlicher sagen“, weiß Anje Kenntner. Wenn man wie Luther dem Volk „aufs Maul“ schaue, sei das auch für die Predigt gut, berichtet Eberhard Kenntner. Das verstehe dann auch jeder.

 

Dabei wurde beiden das Rheinische nur bedingt in die Wiege gelegt. Beider Eltern, jeweils Immis, Zugezogene  aus Schwaben und dem Osten, hielten von Dialekt nicht viel. Aber schon als Schüler und Student jobbte Eberhard Kenntner in einer Brühler Brauerei. Hat Bier abgefüllt und gefahren. „Da wurde man nur akzeptiert, wenn man auch die Sprache sprach“, erinnert er sich. Seine Frau Antje hat sich das Rheinische als Kind beim Spielen auf der Straße „abgeguckt“.
 
Die Idee für eine „rheinische“ Bibeldialogarbeit  entstand nach dem letzten Kirchentag in Hannover. „Da haben wir eine Auslegung auf Platt gehört“, erzählt Antje Kenntner. „Erst mal haben wir uns natürlich die neuesten Kommentare gekauft“, berichtet Eberhard Kenntner über die Vorbereitungen zum Jeremia-Text. Nach dem Studium der Sekundarliteratur zogen sich beide zurück. „Jeder hat über seinen Teil nachgedacht“, so Antje Kenntner. Aufgeschrieben haben beide ihre Dialogtexte dann auf Hochdeutsch. „Das ging nicht anders“, erinnert sich Eberhard Kenntner. Theologie und sein Denken sei einfach mit Hochdeutsch verbunden.

 

Die Übersetzungsarbeit leistete Antje Kenntner, unterstützt vom pensionierten Hausmeister ihrer Schule, ebenfalls einem Rheinländer. „Esu säät der Här Zeboath“, beginnt dann folgerichtig die Textlesung. In der historischen Einführung kennzeichnen Antje und Eberhard Kenntner das Gehörte als „jewaltije un impenierende Texx, der ene rischtisch verschreck mache kann“. Doch der Schreck wendet sich in der Auslegung zum Guten. Jeremia habe von jedem damals in Israel verlangt, sich auf das zu besinnen, was Jahwe von ihm erwarte: „Un dat wor et och, wat Jeremia verlank hätt: jedde een domols en Israel moot sisch wedder op dat besenne, wat Jahwe wullt, dat hä dunn sullt.“

Und so gesehen ist für Antje Kenntner ganz klar: „Esu jesinn wor der Jeremia ene Protestant!“

Für Eberhard und Antje Kenntner haben Gottesdienste auf Mundart schon Tradition. Angeregt vom Rheinbacher Karnevalsverein gibt es alle zwei Jahre sonntags einen Karnevalsgottesdienst. Antje Kenntner hat zuletzt auch im Bonner Münster „rheinisch“ gepredigt. Wer die Sprache übrigens schon einmal mit der Kirchentagslosung üben möchte, hat es nicht so schwer. Sie lautet „lebendisch un kräftisch un schärper“.

 

 
Die Bibelarbeit zum Nachlesen
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Uta Garbisch / 08.06.2007

 

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