Verstehen sie Spaß?

Die „Kabarettistische Glaubenswoche“ mit bekannten Kabarettisten lockte rund 3.000 begeisterte Besucherinnen und Besucher in die Pauluskirche in Bonn-Bad Godesberg. Verstehen Protestantinnen und Protestanten Spaß? Halten die als dröge verschrienen Schwestern und Brüder es aus, wenn in einer ihrer Kirchen eine Woche lang jeden Abend bekannte deutsche Kabarettisten herumturnen? „Na ja, natürlich gibt es Menschen, die sich fragen, […]

Die „Kabarettistische Glaubenswoche“ mit bekannten Kabarettisten lockte rund 3.000 begeisterte Besucherinnen und Besucher in die Pauluskirche in Bonn-Bad Godesberg.

Verstehen Protestantinnen und Protestanten Spaß? Halten die als dröge verschrienen Schwestern und Brüder es aus, wenn in einer ihrer Kirchen eine Woche lang jeden Abend bekannte deutsche Kabarettisten herumturnen? „Na ja, natürlich gibt es Menschen, die sich fragen, was hat so etwas mit Kirche und Glauben zu tun, das bleibt eine grundsätzliche Irritation“, gibt der Bonn-Bad Godesberger Pfarrer Siegfried Eckert zu.

Er hatte mit einem unermüdlichen Ehrenamtlichenteam Schlag auf Schlag Margie Kinsky, Vince Ebert, Jürgen Becker, Bill Mockridge, Oliver Polak, Eckart von Hirschhausen und als katholischen „Kollegen“ Manfred Lütz in die Pauluskirche gebracht. Und an die 3.000 Menschen kamen, sahen und lachten.

Und so spürte Wunderheiler Eckart von Hirschhausen Heilsames zwischen Himmel und Erde, zwischen Akupunktur, Schulmedizin und Kirchenbank auf. Da schüttete sich selbst SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück im Publikum vor Lachen, auch wenn der selbst gewiefte Spötter vom Herrn Doktor natürlich gleich sein Fett wegbekam. Glaube, Liebe, Hoffnung – sind das nicht nur gute Placebos, fragte von Hirschhausen keck in die Runde.

„Wir haben den Künstlern keine Grenzen gesetzt, aber von ihnen erwartet, dass sie den besonderen Ort respektieren“, erklärt Pfarrer Eckert im Nachgang. Ein paar unterschiedlich große Fragezeichen hätten dann im Raum gestanden, ob die eine oder andere Aussage in einem Gotteshaus statthaft war. Die überwältigende Mehrheit der Besucherinnen und Besucher sei aber schließlich nicht irritiert, sondern begeistert gewesen.

Angeblich verkniffen

„Ich angeblich verkniffener Westfale freue mich, dass wir hier in einer Kirche auch in Form von Kabarett die Auseinandersetzung mit wichtigen Themen der Gesellschaft suchen“, kommentierte es Altpräses Manfred Kock beim Finale, das er in der rappelvollen Pauluskirche mit Sparringspartner Oliver Welke, dem „heute-show“-Star, bestritt. Nein, damit biedere sich Kirche nicht bei den Leuten an, bekräftigte die „Rampensau“ Welke. „Das Publikum ist schon so kritisch, dass es merkt, ob etwas authentisch ist.“ Er lobe sich eine Kirche, die es wage, Kritik ohne Zensur unter dem Kreuz zuzulassen.

„Aber unter Comedy-Gesichtspunkten müsste im Normalgeschäft eigentlich mehr von der evangelischen Kirche kommen“, lästerte der diesjährige Hanns-Joachim-Friedrichs-Preisträger dann mit seinem typischen Grinsen. Da ließe sich die Schwesterkirche natürlich viel leichter in seine freitagliche Nachrichten-Comedy einbauen. Oder die FDP, die sei pausenlos ein dankbares Thema. „Was täten wir ohne Rainer Brüderle?“

Flau gefühlt

Fürchtet er denn nicht Konsequenzen, wenn die heute-show gewaltbereite Salafisten böse durch den Kakao zieht, fragte Pfarrer Eckert nach. „Ich lasse mögliche Drohungen nicht an mich ran, sonst brauchen wir ja gar nicht senden“, antwortete Welke. Na ja, letztens in Berlin sei es ihm schon mal flau geworden, als ihn ein offensichtlicher Salafist anpöbelte und ihm erst ein russischer Taxifahrer durch endloses Quatschen den Abgang ermöglichte. Religion werde heute leider von Leuten, die von Hass bestimmt seien, als Brandbeschleuniger missbraucht, ergänzte Manfred Kock mit Blick auf das gewaltsame Aufeinandertreffen von Salafisten und Pro-NRW-Fanatikern.

Ob er den einen oder anderen Erstbesucher demnächst in der Pauluskirche mal wiedersehe, fragt sich Pfarrer Eckert. „Mission heißt zu zeigen, was ich liebe. Und das ist in dieser Woche geschehen: Ich liebe eine weltoffene, selbstkritische, geistreiche, quer denkende Kirche, in der Raum ist für Agnostiker, Katholiken und Pfarrerskinder.“ Zu erleben, wie Künstler und Gäste angerührt waren, mit wie viel Liebe das gesamte Team eine Woche für diese Idee „malocht“ habe, das ist doch missionarisch, im Sinne einer einladenden Kirche.

 

ekir.de / Ebba Hagenberg-Miliu, Foto: Ronald Friese / Evangelische Kirche im Rheinland – EKiR.de / 07.11.2012

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