Schwerpunktthema Familie

„Je exotischer die Religion daher kommt, desto attraktiver ist sie für Schülerinnen und Schüler.“ So macht Rainer Stuhlmann Mut, die heute durchaus fremde Welt der Bibel im Religionsunterricht zu thematisieren. Sein Thema: Ehe und Familie in der Bibel. Mehr als 100 Lehrerinnen und Lehrer waren zum diesjährigen Tags des Religionsunterrichts nach Bonn gekommen, um sich […]

„Je exotischer die Religion daher kommt, desto attraktiver ist sie für Schülerinnen und Schüler.“ So macht Rainer Stuhlmann Mut, die heute durchaus fremde Welt der Bibel im Religionsunterricht zu thematisieren. Sein Thema: Ehe und Familie in der Bibel.

Mehr als 100 Lehrerinnen und Lehrer waren zum diesjährigen Tags des Religionsunterrichts nach Bonn gekommen, um sich mit der Lebensform Familie auseinander zu setzen. Altes wie Neues Testament spiegeln die patriarchale Welt der Antike, so der Theologe Stuhlmann. Das zeige zum Beispiel das Vorherrschen der polygynen Kleinfamilie, in der ein Mann viele Frauen hat, oder die Tendenz, Sexualität allein als Mittel der Fortpflanzung zu sehen. Eheschließung war wie die Entlassung einer Ehefrau ein Rechtsakte, Ehebruch eine spezielle Art von Diebstahl, so der Studienleiter von Nes Amin im Norden Israels.

Gleichwohl enthält die Bibel eine große Zahl von Erzählungen über Traditionsbrüche, Rechtsverschiebungen oder emanzipative Akte. So werde das Privileg der Erstgeburt „notorisch gebrochen“, was bereits bei Kain und Abel beginne. Die Bibel kennt eine ganze Reihe von emanzipierten Frauen, die aus der traditionellen Rolle fallen. Und auch Jesus fällt aus als Anwalt der Frauen aus der Rolle. Vieles, was heute als Werte für Ehe und Familie gelte, sei in der Zeit des Biedermeier in die biblischen Geschichten hinein gelesen worden. „Biblische Texte wurden benutzt, um die Werte der Zeit zu stützen. Aber auch heute geschehe nichts anderes. „Wir lesen mit unserer Brille.“

Marie hat Angst in die Schule zu gehen. Inge äußert Suizidgedanken. Zwei von vielen Problemen Jugendlicher, die sich an das kostenfreie Online-Beratungsangebot der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. (bke) wenden. Hier können die jungen Leute anonym per Mail oder Chat schildern, was sie in direkten Kontakten oft nicht ansprechen, berichtet Christiane Wellnitz von der Evangelischen Beratungsstelle in Bonn. Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin weiß: „Erwachsene spielen immer noch eine große Rolle in der Beratung.“ Das gelte auch für Lehrerinnen und Lehrer. Die Onlineberatung, an die sich auch Eltern wenden können, verzeichnet jährlich etwa 180.000 Besuche.

Am Nachmittag vertieften die Pädagogen in vier Workshops, wie Themen wie Lebensformen, Gefühle und Werte im Unterricht praktisch umgesetzt werden können. Paul-Helmut Zenner, stellte „Herzfiguren“ vor, schlichte Holzfiguren, deren ausgespartes Herz mit einem Farbschieber Gefühle sichtbar machen kann. Wie der Auftritt des zwölfjährigen Jesus im Tempel als Pubertätsgeschichte gelesen werden kann, erläuterte Gunther vom Stein. Die – durchaus uneindeutigen – Aussagen des Neues Testaments zur „Heiligen Familie“ waren das Thema von Inge Mosebach-Kaufmann. Unter der Leitung von Claudia Schmidt-Weigert und Thomas Lindner schlüpften die Lehrkräfte in die Rollen von Schülern und Schülerinnen. Die Gestalttherapeuten von der Beratungsstelle stellten ihre Methodik vor, wie sie mit Jugendlichen besser ins Gespräch kommen können.

Der Tag des Religionsunterrichts findet alljährlich am Buß- und Bettag zu einem Schwerpunktthema im Haus der Evangelischen Kirche Bonn statt. Er ist Treffpunkt der evangelischen Religionslehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen in den Kirchenkreisen An Sieg und Rhein, Bad Godesberg-Voreifel und Bonn.

 

Text und Fotos: Uta Garbisch / Evangelisches Schulreferat Bonn – Ekir.de / 04.12.2014

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