„Schreiben Sie Herrn Rüttgers einen Brief!“

In den gut 60 Kindertageseinrichtungen der Kirchenkreise An Sieg und Rhein, Bonn und Bad Godesberg-Voreifel rumort es. Schuld daran ist „KiBiz“. Hinter der niedlichen Abkürzung verbirgt sich ein ehrgeiziges Projekt der Landesregierung NRW: Sie möchte durch ein völlig neues Kinderbildungsgesetz, kurz „KiBiz“, die gesamte Finanzierung, Strukturierung und Orientierung der Kindertageseinrichtungen im Land ändern. Während Ministerpräsident […]

In den gut 60 Kindertageseinrichtungen der Kirchenkreise An Sieg und Rhein, Bonn und Bad Godesberg-Voreifel rumort es. Schuld daran ist „KiBiz“.

Hinter der niedlichen Abkürzung verbirgt sich ein ehrgeiziges Projekt der Landesregierung NRW: Sie möchte durch ein völlig neues Kinderbildungsgesetz, kurz „KiBiz“, die gesamte Finanzierung, Strukturierung und Orientierung der Kindertageseinrichtungen im Land ändern.

Während Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in einem Brief an die Erzieherinnen und Erzieher in NRW das geplante Vorhaben als „ein Gesetz, mit dem wir die Bedürfnisse und Interessen unserer Kinder ernst nehmen und ihnen die bestmöglichen Chancen auf einen guten Start ins Leben ermöglichen“ lobt, benennt Ursula Gerlach-Keuthmann, Leiterin der Fachberatung Evangelischer Kindertageseinrichtungen der Kirchenkreise, die Nachteile von „KiBiz“: „Unseren Einrichtungen fehlt jede Planungssicherheit.“ Auf vielen Gebieten fehlten dem Gesetz konkrete, verlässliche Zahlen. „Das ist ein Riesenproblem.“

„Pauschalfinanzierung ist kirchenfeindlich“

Weiter kritisiert Gerlach-Keuthmann: „Eine Pauschalfinanzierung ist immer kirchenfeindlich. Unser evangelischer Tarif (BAT-KF) hat so viele Eigenheiten, dass hier pauschale Zuwendungen von Seiten des Staates immer mit hohen finanziellen Risiken verbunden sind. Eine volle Erzieherinnenstelle zum Beispiel wird in der Berechnung der vorliegenden Pauschalen mit ca. 40.000 Euro pro Jahr beziffert, das kirchliche Tarifsystem geht von 45.000 Euro aus. Das sind alleine auf diesem Gebiet 5000 Euro Differenz.“

Gerlach-Keuthmann befürchtet, dass sich das Land mit den Pauschalen aus der Verantwortung vor Ort gänzlich zurückziehen will: „Das gesamte finanzielle Risiko vor Ort liegt dann bei den Trägern der Einrichtungen und den Kommunen. Und was ist dann in Zukunft mit dringenden Reparaturen an Gebäuden?“ Doch damit ist die Kritik an dem 50-seitigen Gesetzesentwurf lange nicht am Ende: Unmut regt sich bei den Erzieherinnen und Erziehern auch über den im Gesetz beschriebenen Bildungsbegriff. Er sei funktional, nur auf Bildung und Förderung ausgerichtet und konzentriere sich einseitig auf die Sprachförderung. Der bewährte ganzheitliche Dreiklang aus Bildung, Erziehung und Betreuung werde nicht ausreichend berücksichtigt.

Kritik auch vom Spitzenverband der Freien Wohfahrtsträger NRW

„KiBiz“ hat in der jetzigen Form gravierende inhaltliche und strukturelle Mängel. Dies hat der Spitzenverband der Freien Wohlfahrtsträger NRW, einem Zusammenschluss von Diakonie, Caritas und anderen Trägern von Kindertageseinrichtungen, kritisiert und den Konsens mit der Landesregierung über „KiBiz“ aufgekündigt. Die Landesregierung will dagegen an dem Vorhaben in der jetzigen Form festhalten und das Gesetz im Herbst im Landtag verabschieden lassen.

Der Appell von Gerlach-Keuthmann daher an die Kindertageseinrichtungen, aber auch an die Eltern und Träger: „Schreiben Sie an Ministerpräsident Rüttgers und teilen Sie ihm mit, dass dieser Gesetzesentwurf keine bessere Qualität der Kinderbetreuung mit sich bringt. Im Gegenteil: Pauschalen statt Spritzabrechnung der Personalkosten, größere Gruppen für Kinder unter drei Jahren, Deckelungen der Angebote für Kinder unter drei Jahren und Gruppen mit längeren Öffnungszeiten und höhere Elternbeiträge führen zu einer Verschlechterung. Dazu sagen wir: Nein!“

Kontakt: Ursula Gerlach-Keuthmann, Telefon 02 28 / 68 80 341

 

 

 
 

 

Jens Liedtke-Siems /

 

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