„Liebe tut der Seele gut“ – Imamin Seyran Ates spricht im Gottesdienst

Sehr stimmiger musikalischer Auftakt des Festivals: ein berührend mitreißendes Konzert von Jean Faure & Orchestre abends am Volkstrauertag in der vollbesetzten Pauluskirche - Liebeserklärung an die deutsch-französische Freundschaft (Foto: J. Gerhardt)

Das hochrangig besetzte „1. Bonner Festival der Begegungen“ in der Friesdorfer Pauluskirche hat mit einer eindrucksvollen „Kanzelrede“ der Imanin Seyran Ates begonnen. Hier ein Bericht von K. Rüdiger Durth. „Liebe tut der Seele gut“, stellt die bekannte Berliner Rechtsanwältin und Imamin Seyran Ates in ihrer Kanzelrede in der bis auf den letzten Platz besetzen Pauluskirche […]

Das hochrangig besetzte „1. Bonner Festival der Begegungen“ in der Friesdorfer Pauluskirche hat mit einer eindrucksvollen „Kanzelrede“ der Imanin Seyran Ates begonnen. Hier ein Bericht von K. Rüdiger Durth.

„Liebe tut der Seele gut“, stellt die bekannte Berliner Rechtsanwältin und Imamin Seyran Ates in ihrer Kanzelrede in der bis auf den letzten Platz besetzen Pauluskirche in Bonn fest. Der Gottesdienst zum Volkstrauertag 2018 steht unter dem Leitwort aus der Bergpredigt des Matthäus-Evangeliums: „Selig sind, die Frieden stiften.“  Die türkisch-kurdische Imamin, Gründerin der liberalen Ibn Rushd Goethe Moschee Berlin, die deutsch-iranische Altistin Schirin Patowi, die für ihre christlich, jüdischen und muslimischen Lieder bekannt ist, und als Gast der stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP), das ist für einen evangelischen Sonntagsgottesdienst schon ungewöhnlich oder auch „vielleicht riskant“, wie der  Gemeindepfarrer und Vorsitzender des bundesweiten Forums Reformation , Siegfried Eckert, zur Begrüßung anmerkt.

Von Oliver Welke, Dirk Kaftan bis Gesine Schwan und Fulbert Steffensky: eine Woche lang Begegungen der ganz besonderen Art

Doch großer Beifall am Ende zeigt, dass die Bitte des Ministers um „mehr Einladung zum Dialog und mehr Begegnung mit denen, die noch große Vorurteile“ nicht ungehört geblieben ist. Zugleich bildet dieser Gottesdienst den Auftakt für das einwöchige 1. Bonner Festival der  Begegnungen mit so bekannten Teilnehmern wie Oliver Welke (ZDF), der unter  Leitung von Christiane Florin (DLF) mit dem Bonner Generalmusikdirektor  Dirk Kaftan über „Haltung im Beruf“) diskutiert oder unter Leitung von Matthias Dobrinski (SZ) gehen der Lutherforscher Thomas Kaufmann (Göttingen) und der  Kulturprotestant Jörg Lauster (München) der Frage nach, wie die Reformation weitergehen kann. Für den Buß- und Bettags-Gottesdienst hat Eckert ebenfalls eine überraschende Kanzelrednerin gewinnen können: Professorin Gesine Schwan (Berlin). Und für den Gottesdienst zum Ewigkeitssonntag hat der in der Schweiz lebende 85jährige Fulbert Steffensky zugesagt.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Programm des 1. Bonner Festival der Begegnungen, das zugleich das Anliegen des kürzlich gegründeten  Forums Reformation für seinen Schwerpunkt Reformation und Gemeinde deutlich macht.   Der stellvertretende Ministerpräsident und zugleich im größten Bundesland Minister für Flüchtlinge und Integration, Joachim Stamp, für diese Veranstaltungsreihe die Schirmherrschaft übernommen: „Entzweiung, Streit oder Gegeneiner sind oft Folgen von Sprachlosigkeit, Versöhnung kann nur durch Kennenlernen, Dialog und Anerkennung des anderen gelingen. Solange Menschen miteinander sprechen, sind sie auf einem Weg der gegenseitigen Verständigung.“

Zurück zum Auftaktgottesdienst. Imamin Ates, die für ihr Eintreten für einen aufgeklärten Islam immer wieder großen Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen ausgesetzt ist, stellt die Liebe in den Mittelpunkt ihrer Kanzelrede: „Liebe ist doch so viel besser als zu hassen, Krieg zu führen.“ Aber die „große Waffenlobby“ stehe dem weltweiten Wunsch nach Frieden ebenso im Weg wie dem Streben nach Macht und Geld. Selbst in Europa, Träger des Friedensnobelpreises, herrsche nicht überall Frieden. Sie will sich nicht damit abfinden, dass selbst unter gläubigen Menschen oft Hass und Terror herrscht: „Wir Gläubigen sind doch Brüder und Schwestern.“

Nach dem Koran ist den Gläubigen nach ihrer Überzeugung der Frieden geboten und „üble Nachrede schlimmer als Ehebruch“ und „das gute Wort ist besser als eine üble Nachrede.“ Doch leider halte man sich in den Sozialen Medien nicht an diese grundlegende Forderung der Religionen, die dadurch eine „große Gefahr“ darstellten. Imamin Ates würdigte die Forderung des Christentums nach Nächsten- und Feindesliebe. Immer wieder appellierte sie an Christen, Juden, Muslime: „Stiftet Frieden.“ Und wer den Koran richtig liest, so ihre Botschaft, kann zu keinem anderen Schluss kommen: „Liebe tut der Seele gut.“

Weitere Infos und das ganze Festival-Programm auf einen Blick hier.

 

Kirchenkreis Bonn / 19.11.2018