Kritik der Pfarrkonvente aus Bonn und der Region

Der geplante Umzug des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) nach Berlin stößt in Bonn und der Region auf Kritik. Die Pfarrer Jörg Zimmermann (Röttgen) und Angelika Zädow (Meckenheim) wenden sich im Namen der Pfarrkonvente an Präses Schneider. Der EED hat seinen Sitz auf dem Bonner Hardtberg. Der geplante Umzug der zentralen evangelischen Entwicklungshilfeorganisation ist Folge einer schon lange verfolgten […]

Der geplante Umzug des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) nach Berlin stößt in Bonn und der Region auf Kritik. Die Pfarrer Jörg Zimmermann (Röttgen) und Angelika Zädow (Meckenheim) wenden sich im Namen der Pfarrkonvente an Präses Schneider.

Der EED hat seinen Sitz auf dem Bonner Hardtberg. Der geplante Umzug der zentralen evangelischen Entwicklungshilfeorganisation ist Folge einer schon lange verfolgten Zusammenlegung mit den Hilfswerken „Brot für die Welt“ und der Diakonie Katastrophenhilfe. Beide residieren noch in Stuttgart. Hier der offene Brief der Pfarrkonvente der beiden Kirchenkreise Bonn und Bad Godesberg-Voreifel an den rheinischen Präses Nikolaus Schneider, der Aufsichtsratsvorsitzender des EED ist, im Wortlaut:

Bonn-Röttgen, den 12.3.2008

Lieber Bruder Schneider, lieber Nikolaus!

 Weil es mir, Jörg, ein persönliches Bedürfnis ist, aber auch, weil ich gemeinsam mit Kollegin Angelika Zädow ein Mandat dafür seitens der beiden Pfarrkonvente Bonn und Bad-Godesberg-Voreifel habe, schreiben wir diesen Brief. Es geht um den Plan des Umzugs des Evangelischen Entwicklungsdienstes nach Berlin.

 Wir haben die Nachricht vom geplanten Umzug des EED hier mit großer Überraschung, ja auch Bestürzung aufgenommen. Zum Teil sind Mitarbeiter(innen) des EED in unseren Gemeinden ansässig und auch aktiv. Zum Teil wundert es uns einfach, dass ein Werk von doch beachtlicher Größe, das vor erst wenigen Jahren aus Gründen des Standortes nach Bonn geholt wurde, nun bald schon wieder den Standort wechseln soll (zumal der EED immer noch Pacht bisher nicht verkaufte Gebäude in Plittersdorf zahlt!). Und wir sehen die Tendenz, immer mehr gesamtkirchliche Einrichtungen in Berlin zu zentralisieren, auch recht kritisch.

 Diese ganzen Punkte sind ja gewiss nicht neu. Uns ist aber wichtig, dass die Stimme des evangelischen Bonn an dieser Stelle gehört wird. Sonst könnte es so aussehen, als sei der EED ein Werk, das zwar hier sitzt, ansonsten aber mit dem evangelischen Bonn nichts zu tun hat und dessen Schicksal uns in den Gemeinden und Kirchenkreisen nicht weiter interessiert.

Dem ist jedoch nicht so: wir nehmen Anteil daran, wie hier kirchliche Mitarbeiter(innen), die gerade mal hier mit ihren Familien Fuß gefasst haben, nun wieder woanders hin verpflanzt werden sollen, was von ihnen verständlicherweise als eine enorme Zumutung empfunden wird. Da wir aus der Politik einige Erfahrung mit solchen erzwungenen Verpflanzungen haben, ist die Sensibilität für die Belastungen, die das mit sich bringt, hier sicherlich besonders hoch.

Des weiteren hatten wir uns hier gerade in Anbetracht alles dessen, was Bonn und sein Umland in den letzten Jahren verloren haben, darüber gefreut, dass Bonn nach dem Regierungsumzug bewusst und strategisch ein Profil als „Nord-Süd-Stadt“ bekommen sollte. Deshalb hat z.B. auch die Welthungerhilfe diesen Standort gewählt. Auch die UN haben in diesem Sinne Bonn als Standort für wichtige Einrichtungen gewählt. Das bedeutet: nicht nur national, sondern auch international und dauerhaft hat Bonn sein Profil als „Nord-Süd-Stadt“ entwickelt. Der Zuzug des EED wurde nicht zuletzt auf diesem Hintergrund vollzogen. Es war schön und erschien sinnvoll, dass auf diese Weise auch die Evangelische Kirche ihren Anteil zu dieser Profilierung Bonns leisten wollte. Wenn nun jedoch der EED nach Berlin wechseln soll, schert gerade die Evangelische Kirche aus diesem Zusammenhang wieder aus, was wir für sehr betrüblich halten und was in der Stadt auf Unverständnis stößt.

Auch kommen bereits Reaktionen von „ganz normalen“ Gemeindegliedern bei uns an, die der Kirche Planungs- und Konzeptlosigkeit vorwerfen, wenn sie den EED nach so kurzer Zeit jetzt wieder wegschicken will. Verbunden damit sind oft bissige Bemerkungen über die finanzielle Seite eines solchen Umzugs nach dem Motto: für so was ist kirchliches Geld da, und in den Gemeinden baut Ihr ab oder wollt über die Kirchensteuer hinaus Spendengelder von uns, um Eure Gemeindearbeit aufrechtzuerhalten.

 Ganz grundsätzlich fragen wir uns: ist das eigentlich kirchenpolitisch, mehr aber noch ekklesiologisch gewollt, dass nun so Vieles in Berlin zentralisiert wird? Wir sehen durchaus ein, dass es in bestimmten Punkten sinnvoll ist, landeskirchliches Provinzdenken abzubauen und Dinge gemeinsam zu regeln. Aber warum sollte daraus dies folgen, dass nun immer mehr in einem Zentrum angesiedelt wird, statt dass auch die Regionen bestimmte Profile entwickeln können? Dies war bislang in Bonn mit dem erwähnten „Nord-Süd-Profil“ so intendiert. Warum also dieser evangelische und zugleich „evangelisch-rheinisch“ erstaunlich schnell sanktionierte Rückzieher gerade an dieser so sinnvoll erscheinenden Stelle?

 In den Medien kursiert das Schlagwort von der „Kröte“ zitiert, die es zu schlucken gelte. Dieses Bild lässt vermuten, dass der „Kröte“ ein umso größerer Gewinn gegenüber steht, der das „Schlucken“ letztlich als das kleinere Übel erscheinen lässt. Diesen Gewinn vermögen wir freilich bislang nicht zu erkennen. Worin sollte er bestehen?

Die Fusion von Brot-für-die-Welt, Diakonie und EED, die ja bereits 1999 beschlossen wurde, ist sicherlich sinnvoll und wird auch von den Mitarbeiter(inne)n des EED nicht in Frage gestellt. Warum jedoch die Nähe ausgerechnet zu Brüssel, wo ja entwicklungspolitische Entscheidungen getroffen werden, aufgegeben werden soll, ist uns nicht einsichtig.

Es ergibt sich der Eindruck: Diakonie und „Brot“ können ungleich mehr Einfluss geltend machen als etwa der EED. Was aber sind die Sachargumente dafür, dass die Zusammenführung in Berlin und nicht in Bonn stattfinden soll? Gäbe es nicht Gründe genug, hier dagegenzuhalten und Bonn stark zu machen?

 Wir beanspruchen nicht, die Gemengelage völlig zu durchschauen. Und sicher gibt es  wichtige Argumente für den Umzugsplan. Zum einen wären wir dankbar, dazu Genaueres zu erfahren, und in diesem Sinne bitten wir um eine Reaktion auf dieses Schreiben. Zum anderen soll aber auch deutlich werden, wie das evangelische Bonn die ganze Angelegenheit aufgenommen hat, und da zeichnet es sich sehr deutlich ab, dass bei uns Unverständnis und Enttäuschung vorherrschen.

 Lieber Bruder Schneider, lieber Nikolaus, wir wären, wie gesagt, dankbar, wenn uns die Situation näher erläutert würde. Vor allem jedoch ist es unser Anliegen, die Stimme des evangelischen Bonn und seiner Umgebung laut werden zu lassen, die – wie ganz offenkundig auch der weit überwiegende Teil der EED-Mitarbeiterschaft – die Umzugspläne durchaus kritisch sieht.

Mit herzlichem Gruß und den besten Segenswünschen,

Jörg Zimmermann und Angelika Zädow

 

 

 

 
 

 

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