Gleicher Auftrag – vielfältige Wege
Vier Tage im Osten: Vertreter des Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel besuchten den Kirchenkreis Halberstadt. Die Gäste erwartete ein buntes Programm mit vielen Begegnungen und Kulturangeboten. Hier einige Eindrücke plus Fotoalbum.
Die Reisegruppe aus Bad Godesberg-Voreifel bestand aus: Ortrun Althof, Brigitte Barnikol, Andrea Hewig, Juliane Kalinna, Dr. Eberhard Kenntner, Manfred Kohlosser, Brigitte Schmitt und Ulrich Zumbusch.
Paten und Projekte: Kirche geht besondere Wege
Konfirmandinnen und Konfirmanden werden von „Paten“ aus der Kirchengemeinde begleitet …
So wie bei uns sind auch in Halberstadt junge Menschen, wenn sie sich auf die Konfirmation vorbereiten, nicht unbedingt durch eine entsprechende Sozialisation mit „Kirche“ vertraut. Da scheint mir das Modell, das in Halberstadt umgesetzt wurde, eine echte Hilfe zu sein. Konfirmandinnen und Konfirmanden können sich so genannte Paten für die Zeit ihres Unterrichts auswählen. Diese Paten sind Gemeindemitglieder, die sich bereit erklärt haben, diese jungen Menschen bis zur Konfirmation zu begleiten – und das reduziert sich übrigens nicht nur auf das leben der Kirchengemeinde! Mir wurde berichtet, dass hier auch durchaus gemeinsame Theaterbesuche und anderes mehr gemacht werden. Das gefällt mir gut – das ist Gemeinde!
Paten können von der Kirchengemeinde gestellt werden …
Die Entscheidung, ob eine Taufe trotz fehlender Mitgliedschaft beider Elternteile möglich ist, wird vor Ort in der zuständigen Kirchengemeinde getroffen. Die Regelungen sind ja von Landeskirche zu Landeskirche unterschiedlich – ich habe erfahren, dass es im Kirchenkreis Halberstadt möglich ist, dass sich Gemeindemitglieder als Paten zur Verfügung stellen, wenn aus der Familie heraus niemand das Patenamt übernehmen kann. Das hat mich sehr beeindruckt, ist ein Patenamt doch eine Verantwortung, die – formal – bis zur Konfirmation übernommen wird und nach meiner Erfahrung auch über diese Zeit hinaus reicht. Da hier natürlich Beziehungsarbeit geleistet wird, lernen sich vor einer Entscheidung, wer das Patenamt übernehmen wird, Pate und „Täufling“ und Angehörige kennen – denn es muss ja irgendwie passen….
Der Kirchenkreis finanziert eine so genannte Projektstelle – Gemeinden können hier befristet für drei Jahre eine volle Personalstelle für ein besonderes Gemeindeprojekt vom Kirchenkreis finanziert bekommen – Ziel ist, dass eine Anschubarbeit geleistet wird, die dann nach drei Jahren wieder in die alleinige finanzielle Zuständigkeit der Gemeinde zurück fällt und das Projekt aus eigener Kraft – sei es finanziert, refinanziert oder ehrenamtlich – fortgeführt wird. Ein gelungenes Beispiel haben wir erlebt: die Junge Gemeinde in Gröningen, die in diesem Jahr das 10jährige Bestehen feiert und ich hatte den Eindruck, dass die jungen Leute mächtig stolz darauf sind,
In Friedrichsbrunn besuchten wir das Bonhoeffer-Haus – hier hat die Familie Bonhoeffer die Ferien verbracht. In einer kleinen Fotoausstellung wird dokumentiert, welche Rolle die Familie und Friedrichsbrunn eben auch für das Leben von Dietrich Bonhoeffer und seine Geschwister aber auch seine späteren Schwäger gespielt hat. www.bonhoeffer-haus-friedrichsbrunn.de.
In der Krypta der Stiftskirche Quedlinburg wurde uns erläutert, dass man aus den mittelalterlichen Wandmalereien den Merksatz mitnehmen kann: „Bade nicht nackt im Garten…“
Brigitte Barnikol
Gleicher Auftrag – vielfältige Wege
Meine Haupteindrücke sind zwei:
1. Es war wunderschön, alte Bekannte in neuer Funktion wahrzunehmen: Unsere langjährige Assesorin Angelika Zädow als souveräne Superintendentin eines sehr weitläufigen Kirchenkreises und unserenn Leiter des Verwaltungsamtes Bonn, Martin Saß, als Stadtführer in Halberstadt und absoluten Kunstkenner der diversen Domschätze.
2. Mitten aus dem rheinischen Struktur-Ordnungs-Wut-Stress herauszukommen und die Gelassenheit eines Kirchenkreises mitzuerleben, der wahrhaftig größere Struktur- und Gesellschaftsprobleme zu bewältigen hat als wir. Wir haben aber nur fröhliche Gesprächspartner erlebt, die zuversichtlich an die Herausforderungen für eine Kirche in säkular gewordener Umgebung herangeht. Unser kirchlicher Grundauftrag ist der gleiche, die Wege dorthin sind so vielfältig wie die Situationen, in denen wir unseren Auftrag zu bewähren haben. Vielfalt, ja Unterschiedlichkeit sind keine Gegensätze, sondern Teil der Einheit der Kirche – das war für mich eine wichtige Erfahrung. Wir werden uns bemühen, den regelmäßigen Austausch (nach kölscher Tradition ist ja 2 x schon Tradition) fortzusetzen.
Unseren Gastgeberinnen und Gastgebern danken wir von Herzen!
Eberhard Kenntner
Dom zu Quedlinburg
Nicht nur als Gebäude ist der Dom von Quedlinburg eindruckend, sondern auch seiner langen und wechselhaften Geschichte wegen. Der „Raub“ des Stiftschatzes im Zweiten Weltkrieg durch einen amerikanischen Soldaten, die Suche nach dem Schatz und die Heimführung zurück in den Dom, seit nunmehr 20 Jahren ist er wieder in Quedlinburg, steht einem Krimi in nichts nach. Friedemann Goßlau, einst Pfarrer am Dom und jetzt in Pension, schilderte in beeindruckender Weise die nicht einfachen Verhandlungen und Geschehnisse rund um die Rückführung, bei denen er maßgeblich mit beteiligt war. Leider war eine Stunde viel zu kurz, denn Friedemann Goßlau hätte sicher noch viel mehr über diese bewegte und bewegende Zeit berichten können.
Brigitte Schmitt
Orgel und Ökumene: Highlights in Halberstadt
Lust und Last sind die wunderbaren Kirchen im Kirchenkreis Halberstadt. Die Dome zu Halberstadt und Quedlinburg atmen über tausend Jahre Geschichte, die kleinen Dorfkirchen haben eine urige Atmosphäre, in der man sich teils 200 Jahre zurückversetzt fühlt. Zugleich stellen die Kirchen die Gemeinden vor große Aufgaben: Der Denkmalschutz schränkt die Nutzung bzw. Änderungen stark ein, Instandhaltungs- und Unterhaltskosten sind erheblich, ein Heizen im Winter kaum möglich. Und jede kleinste Gemeinde hat ihre eigene Kirche mit einer Orgel, die ebenfalls unterhalten werden will. Und doch sind auch die kleinen Kirchen ein wichtiger Identifizierungspunkt für die wenigen Christen, die manchmal gerade 10 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
Ein Highlight war die Besichtigung der Orgel des Halberstädter Doms im Anschluss an das Konzert des Thomanerchores. In schwindelerregender Höhe über dem gotischen Kirchenschiff kletterten wir durch die sich über drei Etagen erstreckende Orgel, zwischen hunderten von Pfeifen hindurch, manche nur etwa 10 cm lang, manche mehrere Meter groß. Neben dem viermanualigen Spieltisch gibt es (eine Seltenheit) noch gleich rechts und links zwei weitere Nebenspieltische.
Beeindruckend: Im Halberstädter Dom hat es Ökumene über Jahrhunderte gegeben. Seit der Reformation bis 1810 gab es ein evangelisch und katholisch besetztes Domkapitel, das sogar eine ökumenische Liturgie hinterlassen hat. Diese gute Ökumene hat auch heute Tradition. Freikirche, Lutheraner, Reformierte und Katholiken kooperieren gut in Halberstadt.
Ebenfalls beeindruckend: Das wie selbstverständlich gelebte Miteinander aller kirchlichen hauptamtlichen Mitarbeiter. Hier war nichts von „Hierarchie“ zu spüren. Ob Gemeindepädagoge, Superintendentin, Kartenverkäuferin im Dom oder Kantor – alle begegneten sich sehr gleichberechtigt und respektvoll, im wahrsten Sinne geschwisterlich.
Ulrich Zumbusch
Einen Bericht der Gastgeber und noch mehr Fotos gibt es auf den Seiten des Kirchenkreises Halberstadt.
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Vor dem Hotel: „Hervorragend untergebracht“, so die Gäste.
Lotste kenntnisreich durch Halberstadt: Martin Sass (re.).
Mittagessen im Cäcilienhof.
Bisher (nur) zwei Töne: Zu Besuch beim John-Cage-Projekt.
Abendessen mit der jungen Gemeinde.
Bibelarbeit der Jungen Gemeinde.
Die Rettung des Domschatzes: Pfarrer Friedemann Goßlau erzählte Spannendes.
Erntedankgottesdienst in Friedrichsbrunn. Rechts Halberstadt-Superintendentin Angelika Zädow.
Im Bonhoefferhaus, wo der bedeutende Theologe die Ferien verbrachte. Foto: Kirchenkreis Halberstadt
Thomanerchor im Halberstädter Dom.
250 Jahre alt und „begehbar“: Die Domorgel.
Nicht das Abendmahl, sondern das Abschiedsessen.
Erntedankgottesdienst mit Taufe in Wasserleben.
gar / Fotos (soweit nicht anders gekennzeichnet): Eberhard Kenntner / 08.10.2013
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