Friedrich Talmon: Schule und Kirche mehr miteinander verbinden

Friedrich Talmon ist der neue Leiter im gemeinsamen Schulreferat der Evangelischen Kirchenkreise Bonn, An Sieg und Rhein sowie Bad Godesberg-Voreifel. Wo sieht er neue Herausforderungen auf dem weiten Feld von Schule und Kirche? Lesen Sie hier: Warum ist der Religionsunterricht heute wichtiger denn je? Friedrich Talmon: Religionsunterricht in der Schule ist gerade heute in einer […]

Friedrich Talmon ist der neue Leiter im gemeinsamen Schulreferat der Evangelischen Kirchenkreise Bonn, An Sieg und Rhein sowie Bad Godesberg-Voreifel. Wo sieht er neue Herausforderungen auf dem weiten Feld von Schule und Kirche? Lesen Sie hier:

Warum ist der Religionsunterricht heute wichtiger denn je?

Friedrich Talmon: Religionsunterricht in der Schule ist gerade heute in einer Zeit des Pluralismus und des Relativismus so wichtig, weil der Konsens in unserer Gesellschaft über tradierte Werte und Normen immer schwächer wird. Die dadurch bedingte Verlagerung der Verantwortung für unsere Kinder und Jugendliche in die individuelle Sphäre, die auch ihre negativen Seiten wie Orientierungslosigkeit und Unverbindlichkeit hat, macht es unabdingbar, dass wir als Kirche dieser Zielgruppe ein Angebot unterbreiten, wie ein Lebensentwurf aussehen kann. Die christliche Botschaft, authentisch  unterrichtet von gläubigen und kritisch engagierten Lehrkräften, ist ein attraktives und sinnerfüllendes Angebot, wie Leben gestaltet und bewältigt werden kann.
Ziel des schulischen Religionsunterrichts ist für mich, ausgehend von einer religionskundlichen Begegnung mit dem evangelischen Christentum, über das sinnvoll lebbare Orientierungsangebot bis hin zu einer Beheimatung in der Kirchengemeinde zu gelangen.
Hieraus ergibt sich auch die Notwendigkeit einer möglichst engen Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinde und Schule.

Welche Erfahrungen bringen Sie aus Berlin mit an den Rhein?

Talmon: Meine langjährigen Erfahrungen in der Landeskirche Berlin-Brandenburg, schlesische Oberlausitz haben mir gezeigt, wie wachsam wir als Kirche die Situation des Religionsunterrichts im Auge behalten müssen: Ist es dort durch das staatliche Pflichtfach Ethik, von dem es im Gegensatz zum Religionsunterricht keine Abwahlmöglichkeit gibt, in seiner Existenz tatsächlich gefährdet.
Als positiv empfinde ich den großen Zusammenhalt innerhalb der Kirche. Hierbei ist besonders die Aktion Pro Reli, die sich intensiv um einen mit allen darin eingebundenen Fächer gleichberechtigten Wahlpflichtbereich bemüht,  hervorzuheben. Unverzichtbar ist es auch, das unter diesen harten Bedingungen große Engagement der Verantwortlichen und der Religionslehrkräfte zu erwähnen, was sehr beeindruckend ist. Ich werde meiner alten Landeskirche aber auch emotional verbunden bleiben, wohl wissend, was ich ihr und den Menschen dort zu verdanken habe. Der Abschied gelingt, wobei er nicht leicht fällt.

 

 

Was genau werden Ihre Aufgaben für die drei Bonner Kirchenkreise sein?

Talmon: Als wichtigste Aufgaben für die drei Kirchenkreise An Sieg und Rhein, Bonn und Bad Godesberg-Voreifel erachte ich die tatkräftige Unterstützung der Lehrkräfte in den Schulen, z.B. durch eine vertrauensvolle und verlässliche Beratung sowie durch ein attraktives Fortbildungsprogramm.
Darüber hinaus ist es unerlässlich, dass der Religionsunterricht durch gut qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer gesichert ist und alle Schülerinnen und Schüler ein entsprechendes Angebot erhalten.
Hierzu werde ich die Kontakte zu Schulen pflegen sowie mit Schulämtern und kirchlichen Stellen eng zusammenarbeiten. Selbstverständlich schließt diese Kooperation auch die angrenzenden Schulreferate und die katholischen Schulreferate mit ein – nach dem Motto: gemeinsam sind wir stark genug.

Wo sehen Sie Ihre größten Herausforderungen in Bonn?

Talmom: Die Tatsache, dass im Augenblick zu wenige Religionslehrerinnen und Religionslehrer zur Verfügung stehen, sehe ich als die größte Herausforderung an. Deshalb wird nach den Sommerferien auch ein neuer Neigungsfachkurs beginnen, der auf großes Interesse und Resonanz stößt. Hierduch wird ein wichtiger Beitrag geleistet, dass der Unterricht auch professionell erteilt werden kann. Intensiviert muss darüber hinaus die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus, Schule und Kirchengemeinde, damit der Bildungsauftrag der Kirche in der Schule erfüllt werden kann.

Ich möchte meine Erfahrungen und Kenntnisse, welche für meinen beruflichen Werdegang sehr prägend waren, im aktiven und engagierten Einsatz in den Religionsunterricht einbringen. Als Religionslehrer besitze ich 18 Jahre Berufserfahrung an unterschiedlichen Schulformen und als nebenamtlicher Dozent am Pädagogisch-Theologischen Institut in Berlin. Ich bin außerdem Magister der Erziehungswissenschaften mit den Nebenfächern Psychologie und Rechtswissenschaften.
Mit Freude arbeitete ich als Mentor für Vikarinnen und Vikare und bringe Erfahrungen als Prüfer in Prüfungskommissionnen mit. Mehrere Jahre wirkte ich in den unterschiedlichsten Arbeitsgruppen bei der Ausarbeitung und Implementierung des neuen Berliner Rahmenlehrplans mit. Zuletzt lag mir die kollegiale Fallberatung im Team für psychisch und physisch stark belastete Kolleginnen und Kollegen sehr am Herzen.

Ihr erster persönlicher Eindruck nach ein paar Wochen am Rhein?

Talmon: Die vielerorts anzutreffende Freundlichkeit der rheinischen Bevölkerung und der herzliche Empfang durch die Menschen in der Rheinischen Landeskirche erleichtern mir die vielen beruflichen und privaten Veränderungen. Ich bin dankbar dafür, hier sein zu dürfen.

Friedrich Talmon (45) ist verheiratet und hat gemeinsam mit seiner Frau eine fünfjährige Tochter. Das Gespräch führte Joachim Gerhardt.

Kontakt: Evangelisches Schulreferat
Friedrich Talmon, M. A., leitender Schulreferent
der Kirchenkreise An Sieg und Rhein,
Bonn und Bad Godesberg-Voreifel.
Haus der Evangelischen Kirche,
Adenauerallee 37, 53113 Bonn,
Telefon: 0228/6880-180, FAX: 0228/6880-780
Mail: schulreferat@bonn-evangelisch.de

 

 

 
 

 

Joachim Gerhardt /

 

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