Frauen Räume bieten und bestärken

Vielfältig für Frauen engagiert: Sabine Cornelissen. Foto: Uta Garbisch
Seit 25 Jahren ist Sabine Cornelissen das Gesicht der Frauenarbeit im Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel. Grund genug für ein Interview mit der Frauenbeauftragten.
Wo liegen aktuell die Schwerpunkte der Arbeit?
Die Arbeit einer Frauenbeauftragten ist sehr vielfältig, darum ist die Frage nach den Schwerpunkten nicht ganz leicht zu beantworten. Veranstaltungen zum Bespiel zum „equal care day“ dienen der Information und richten den Blick darauf, was sich gesamtgesellschaftlich ändern muss. Die seit inzwischen bereits zwölf Jahren stattfindenden „Frauentage“ fördern den Austausch zwischen Frauen aus verschiedenen Kulturen. Das ist in unserer multikulturellen Gesellschaft ein wichtiger Beitrag auch zur Integration.
In diesem Jahr, 2024, hat eine Arbeitsgruppe unseres Kirchenkreises das Mirjamheft erarbeitet (wie schon 2013): Es wurde im Gesamtgebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland für die Gottesdienste am Mirjamsonntag verwendet. Die Gestaltung von Gottesdiensten zu biblischen Frauengestalten oder zu Themen, die Frauen beschäftigen, ist mir ein besonderes Anliegen. Viele der Veranstaltungen finden in Kooperation mit Dritten statt, bei nur 19,5 Wochenstunden könnte ich das Ganze alleine nicht wuppen. Einen neuen Schwerpunkt meiner Arbeit bildet das Thema Klima und Nachhaltigkeit, das ich in den nächsten Jahren intensiv verfolgen werde.
Gemeinsam haben der synodale Frauenausschuss und ich gerade ein zwölfseitiges Arbeitsheft mit dem Titel „Eine Kirche für alle? Queer leben in unseren Gemeinden” herausgegeben. Unser augenblickliches Thema im Ausschuss ist „Die neue Rechte und die Kirche”. Die Zusammenarbeit mit dem kreiskirchlichen Frauenausschuss – ehrenamtliche Frauen aus unseren Kirchengemeinden – ist ein wichtiger Pfeiler meiner Arbeit.
Was waren für Sie die „Highlights“?
Da fällt mir direkt der Auftritt als Katharina von Bora im Telekom Dome im Jahr 2017 ein, das war anlässlich des Reformationsjubiläums. Oder die Aufführungen zu den weiblichen Reformatorinnen in den Gemeinden unseres Kirchenkreises: Dabei standen etwa 20 Frauen, meist ehrenamtliche, auf der Bühne und trugen ihre eigenen Texte zu den bedeutenden Frauen der Reformationszeit vor. Die Resonanz war bemerkenswert und anspornend. Dann all die Konzertlesungen, die wir zu Dorothee Sölle oder zu den Dichterinnen aus verschiedenen Jahrhunderten gestaltet haben. Nicht zu vergessen die Frauenreise 2022 nach Borkum. Dann konnte ich 2022 in der „Lokalzeit Bonn“ im WDR-Fernsehen einmal Aspekte meiner Arbeit vorstellen, auch das in gewisser Weise ein „Highlight“.
Nicht vergessen seien die beiden Synoden, die wir als Frauenausschuss inhaltlich gestaltet haben, Themen waren „Älterwerden” (2004) und „Lebensbrüche – Lebenskrise” (2015). Die Ergebnisse haben wir im Anschluss den Synodalen in schriftlicher Form zur Verfügung gestellt.
Wo sehen Sie Ihre Schwerpunkte in den kommenden Jahren?
Als Frauenbeauftragte reagiere ich häufig auf Themen, die „in der Luft liegen”. Denken Sie nur an die Coronazeit, als die Kinder nicht in Kitas oder Schulen betreut werden konnten: Da lag die Last hauptsächlich bei den Frauen, die gleichzeitig selbst im Homeoffice waren – eine immense Herausforderung für die Frauen. Außerdem nahm da die häusliche Gewalt zu, betroffen davon wiederum die Frauen und ihre Kinder. Nach wie vor dient die Stelle einer Frauenbeauftragten dazu, solche Missstände aufzuzeigen, den Frauen Räume anzubieten und sie zu bestärken.
Feststellen muss ich, dass Themen, die ich überwunden glaubte, wieder vermehrt nachgefragt werden: zum Beispiel Schlagfertigkeitstrainings für Presbyterinnen oder Selbstverteidigungskurse. Es wird weiterhin Schulungen für Presbyterinnen geben, ich werde Theologinnenkonvente organisieren, Fortbildungen für Mitarbeitende in Kitas und vieles mehr.
Als Diakonin und beruflich mitarbeitende Prädikantin freue ich mich, auch im Kasualbereich tätig sein zu können. So kann ich als Bindeglied fungieren zu eher kirchenfernen oder kritischen Frauen. Es wird Veranstaltungen zur Klimaneutralität und zur Nachhaltigkeit geben, weiter Seminare zum Themenkomplex „Kirche als Gegenpol zur neuen Rechten” oder über „Die neue Rechte und das Frauenbild”. Mehrmals im Jahr werde ich haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen darin schulen, wie sich sexualisierte Gewalt erkennen und vermeiden lässt; die Schwerpunkte dabei sind also Prävention und Intervention.
Vieles wurde in den letzten Jahren erreicht, gleichzeitig sind zahlreiche neue Themen hinzugekommen. Die Arbeit der kreiskirchlichen Frauenbeauftragten ist und bleibt abwechslungsreich. Ich freue mich, an dieser Stelle inzwischen seit 25 Jahren tätig sein zu dürfen, und bin dankbar für die inspirierende Unterstützung, die ich vor allem von ehrenamtlichen Kirchenfrauen erfahre.
Sabine Cornelissen, Jahrgang 1967, arbeitet seit 1999 als Frauenbeauftragte im Kirchenkreis; sie hat eine halbe Stelle. Studiert hat sie Theologie und Germanistik auf Lehramt. Als Diakonin wurde sie 2014 eingesegnet, und seit 2022 ist sie beruflich mitarbeitende Prädikantin.
Das Gespräch führte Uta Garbisch.