Eindrücke und Entscheidungen aus Abgeordneten-Sicht

Neuwahlen, Finanzfragen, Inklusion … Lesen Sie hier Eindrücke und Einschätzungen der Vertreterinnen und Vertreter aus Bad Godesberg und der Voreifel von der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland 2013 in Bad Neuenahr. Der Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel ist in Bad Neuenahr vertreten durch Superintendent Dr. Eberhard Kenntner (Kirchengemeinde Rheinbach), Pfarrer Siegfried Eckert (Thomas-Kirchengemeinde Bad Godesberg), Jutta Mack […]

Neuwahlen, Finanzfragen, Inklusion … Lesen Sie hier Eindrücke und Einschätzungen der Vertreterinnen und Vertreter aus Bad Godesberg und der Voreifel von der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland 2013 in Bad Neuenahr.

Der Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel ist in Bad Neuenahr vertreten durch Superintendent Dr. Eberhard Kenntner (Kirchengemeinde Rheinbach), Pfarrer Siegfried Eckert (Thomas-Kirchengemeinde Bad Godesberg), Jutta Mack (Heiland-Kirchengemeinde Bad Godesberg), Marcus Lochte (Thomas-Kirchengemeinde Bad Godesberg), sowie die berufenen Synodalen Gabriele Trull (Wachtberg), Norman Rentrop (Bad Godesberg) bzw. seine Vertreterin Ebba Hagenberg-Miliu (Bad Godesberg). Außerdem aus der Region: Dr. Wolfgang Osterhage (Wachtberg), nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland. Hier lesen Sie die persönlichen Bilanzen und Eindrücke der Abgeordneten.

Marcus Lochte, Jurist aus Bad Godesberg, stellvertretendes Mitglied im Kreissynodalvorstand:

Als neuer Synodaler bin ich in vielerlei Hinsicht von der Landessynode beeindruckt. Zunächst von den freundlichen und offenen Menschen, die sich ausnahmslos Zeit nahmen, Fragen zu beantworten und den vorhanden synodalen Arbeitsstrukturen, die halfen, möglichst viele an Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Negativer Höhepunkt hingegen war für mich der ausweichende Umgang der Kirchenleitung mit Fragen zur bbz GmbH, deren Misswirtschaft die Landeskirche über 20 Millionen Euro kostete.

Die Kirchenleitung ist nun in vielen wichtigen Funktionen neu besetzt; ein positives Signal. Es bleibt aus meiner Sicht abzuwarten, ob die „Neuen“ das Landeskirchenamt in einem modernen Sinne endlich reorganisieren und dabei insbesondere die Kommunikation und den Informationsfluss untereinander und mit ihren Mitarbeitern deutlich verbessern können. Zudem wird es wichtiges Ziel mit Blick auf die bbz GmbH sein müssen, sämtliche finanzielle Risiken für die Landeskirche zeitnah zu erkennen, zu bewerten und effektiv zu begleiten.

Dr. Eberhard Kenntner, Superintendent und Pfarrer in Rheinbach:

Es war eine ungewöhnliche und bisweilen auch bedrückende Synode, bei der Sachfragen erst in den beiden letzten Tagen im Plenum behandelt werden konnten; der 21,5 Millionen-Skandal um das bbz in Bad Dürkheim und die ungeklärte Frage nach der Verantwortung lagen wie Mehltau über den Tagen. Die im letzten Jahr eingesetzte „Höppner-Kommission“ hat schwere Aufsichts- und Kontroll-Lücken aufgedeckt und zu Recht nach konsequenter Gewaltenteilung in unserer Kirchenverfassung gefragt.

Die Synode (mit 70 Neulingen) hat einen harten Schnitt gewagt: Die Personalentscheidungen zeigen, es gibt kein „weiter so“. Der neue Präses Manfred Rekowski trägt erst seit 2011 Verantwortung im Landeskirchenamt, gehört also nicht zum alten System. Neu sind auch der Chef des Landeskirchenamtes, der Personalabteilung und der Finanzabteilung.

Und neu war für mich, dass erstmals seit 2001 die Synode mehrere Beschlüsse nicht gefasst, sondern an die ständigen Ausschüsse zurückverwiesen hat. Gründliche Arbeit geht vor Schnellschüssen. Und sinnvolle Entschleunigung bewahrt vor hektischen Fehlentscheidungen. Hätten wir das bloß schon bei der Einführung von NKF beherzigt!

Dem neuen Präses Rekowski – der jüngste Präses seit dem Krieg – traue ich wie die große Mehrheit der Synode zu, die aufgeworfenen Fragen zufrieden stellend zu beantworten, den immensen Vertrauensverlust zu heilen und die EKiR auf neuen soliden Kurs zu bringen. Seinen Führungsstil und seine Entscheidungsprinzipien (Korridore mit Möglichkeit zu Einzelfallentscheidungen, Bereitschaft zu Korrektur und Neubewertungen von Entscheidungen) schätze ich sehr bei dem bisher für unseren Kirchenkreis zuständigen Oberkirchenrat.

Siegfried Eckert, Pfarrer in Bad Godesberg:

Noch nie war eine Synode so spannend. Themen wie „Inklusion“, „Religionsfreiheit“ und „Verwaltung“ traten in den Hintergrund. Es dominierten Wahlen und die Aufarbeitung des BBZ-Skandals. Das Grußwort der Präses Annette Kurschus aus Westfalen prägte die Synode: „Jungchen, Mädchen, das geht gut aus“. Obwohl ein mangelhaftes Krisenmanagement wie Teer auf der Synode lag, behielt Kurschus Recht. Die Wahlen zur Kirchenleitung signalisieren viel Willen zur Veränderung, wenn die Zeit auch noch nicht reif war für die theologisch profilierteste Präseskandidatin, Dr. Ellen Ueberschär. Mit Manfred Rekowski wurde ein rheinisches Eigengewächs mit Augenmaß für Kontinuität und Neuanfang gewählt. In seinem Schlusswort entschuldigte er sich als neuer Präses für desaströse Zumutungen durch die Kirchenleitung. So viel Selbstkritik lässt aufhorchen und auf neue Umgangsformen hoffen.

Jetzt gilt es, dass Neue Kirchliche Finanzwesen unfallfreier einzuführen; eine Verwaltungs-Reform mit Spielräumen umzusetzen; beim Pfarrbild und Pfarrstellenabbau die Theologie dem Rot-Stift überzuordnen und den Sparprozess „Aufgabenkritik“ inhaltlich zu gestalten. Ich bin zuversichtlich, dass unser rheinisches Schiff einen besseren Kurs nimmt. Präses Nikolaus Schneider hätte ich ein schöneres, Vizepräsident Christian Drägert ein aufrichtigeres Ende gewünscht, Oberkirchenrat Georg Immel einen faireren Umgang. Die BBZ-Affäre kennt keine weißen Westen, höchstens die Solidargemeinschaft aller Schuldigen.

Jutta Mack, Dolmetscherin und Presbyterin aus Bad Godesberg:

Wahlen zur Kirchenleitung – spannend und reich an Emotionen, die Inklusion von Behinderten, pro und kontra Organspende, Religion und Toleranz in der modernen Gesellschaft, evangelisches Trauungsverständnis, Flüchtlingspolitik, Sozialfragen, Umweltschutz und noch viele andere Themen hielten die Synode in Atem. Das klingt wie ein geistliches Sammelsurium: Sehr bunt, etwas wirr und doch immer wieder überraschend ernsthaft – Anspruch und Wirklichkeit einer basisdemokratisch organisierten Kirche …

Dr. Ebba Hagenberg-Miliu, Journalistin aus Bad Godesberg:

Was ich von der diesjährigen Marathon-Landessynode mitnehme? Zum einen das Gefühl, noch nie so viele Male am Stück gewählt zu haben. Mit allem, was an aufreibenden Vorstellungsrunden dazugehört. Aber auch mit der Gewissheit, wie Demokratie pur in der Evangelischen Kirche funktioniert. Denn schließlich war meine Stimme als einzelne Protestantin, in meinem Fall auch noch als berufenes Ufo aus der Medienwelt, genau soviel wert wie die des Präses der zweitgrößten Landeskirche. Erstaunlich und erfreulich zugleich.  

Zum anderen fasziniert mich immer wieder die offene Form der Aussprachen. Da kann sich die Kirchenleitung den Argumenten keines Fragestellers verschließen. Was anstrengend werden kann. Aber so hat alles die Chance, auf den Tisch zu kommen. Irgendwann äugt der im Alltag Gehetzte auch nicht mehr auf die Uhr. Es tickt nur noch die Synodenuhr.  

Dass dieses Mal nach dem Finanzskandal hoffentlich ein Neubeginn gelang, dass Inklusion zum Kernanliegen des Evangeliums erklärt wurde, dass Religionsfreiheit durchdekliniert wurde, waren für mich drei weitere Synoden-Pluspunkte.  

Dr. Wolfgang Osterhage, Prädikant aus Wachtberg, selbstständiger Berater für Qualitäts-, Zeit- und Projektmanagement, 2012 ins Synoden-Präsidium nachgerückt:

Die diesjährige Synode war die spannendste, die ich je erlebt habe. Das lag an zwei Dingen: zum einen die lebhafte, teilweise bedrückende Diskussion um die Verantwortlichkeiten beim bbz-Skandal, zum anderen wegen der Fülle der Wahlen, die anstanden – hier insbesondere die drei Wahlgänge, die für die Position des neuen Präses erforderlich waren. Außerdem bestand für mich persönlich eine neue Situation, insofern ich erstmalig Mitglied des Präsidiums sein und so also die Synode quasi „von oben“ miterleben durfte.

Im Rahmen der vorgegebenen Zeit – dieses Mal ein Tag länger – gelang es praktisch bis zur letzten Minute, alle Vorlagen abzuarbeiten. Es wurde intensiv gearbeitet – teilweise bis in die Nacht hinein. Dementsprechend groß war auch die Müdigkeit, mit der die Teilnehmer dann am Samstagnachmittag nach Hause fuhren.

 
 

 

15.1.2013

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