Eindrücke und Entscheidungen aus Abgeordneten-Sicht

Vier Vertreterinnen und Vertreter aus Bad Godesberg und der Voreifel haben an den Entscheidungen auf der Landessynode 2011 in Bad Neuenahr mitgewirkt. Hier lesen Sie ihre persönlichen Bilanzen und Eindrücke. Siegfried Eckert, Pfarrer in Bad Godesberg: „Auf dem Weg zu einer ‚Kirche von oben’? Die Umbruchzeiten, in denen wir uns befinden (2030: 1/3 weniger Kirchenmitglieder, […]

Vier Vertreterinnen und Vertreter aus Bad Godesberg und der Voreifel haben an den Entscheidungen auf der Landessynode 2011 in Bad Neuenahr mitgewirkt. Hier lesen Sie ihre persönlichen Bilanzen und Eindrücke.

Siegfried Eckert, Pfarrer in Bad Godesberg:

„Auf dem Weg zu einer ‚Kirche von oben’? Die Umbruchzeiten, in denen wir uns befinden (2030: 1/3 weniger Kirchenmitglieder, 50% weniger Kirchensteuer, 800 Millionen Euro-Loch in der Versorgungskasse) verlangen Lösungen.

Die Strukturdebatte hatte zuletzt entschieden, Kirchenkreise und Landeskirche daran stärker zu beteiligen. Die damit verbundene Verlagerung der Ressourcen von ‚unten nach oben’ setzte sich auf dieser Synode fort. Korrekturen gab es wenige. Bei der Pfarrbesoldung erbringt die unterste Ebene den höchsten Sparbeitrag, die Kirchenkreisebene wird teurer, bei Kirchenleitung und Landeskirchenamt bleibt alles beim Alten. Beim „Personalmix“ geht der Trend Richtung Kirchenkreis, um andere kirchliche Professionen zu erhalten. Das neue kirchliche Finanzwesen wurde zur Glaubensfrage der Synode. Gegen einigen Widerstand, bei Kostensteigerungen von 200%, wurde es durchgesetzt. Eine Verwaltungsreform mit mehr Zentralismusmöglichkeit‚von oben’ wurde angestoßen; die einheitliche Software wird folgen. Warum strickt Düsseldorf an Lösungen, die viele Gemeinden nicht erbeten haben?

Ein Lichtblick war die Wahl des Wuppertaler Superintendenten zum Personalchef. Manfred Rekowski sei Gottes guter Segen gewünscht. Uns wünsche ich mehr Mut unser Kirchesein stärker von ‚unten her’ zu gestalten. Die Gemeinden bleiben die Basis unserer Kirche. Ihr Haupt ist Christus, nicht Düsseldorf, weshalb die Umwandlung der Institution Kirche zu einer ‚Top-Down-Organisation’ kritisch zu begleiten ist. Die Ergebnisse der Synode werden lange nachwirken. Es war eine anstrengende, notwendige und Weichen stellende Synode.“

Pfarrer und Superintendent Dr. Eberhard Kenntner, Rheinbach:

„Es war inklusive zweier Sonderlandessynoden meine 12. Landessynode, bestimmend waren für mich fünf Eindrücke:

1. Ich bin enttäuscht, dass wir NKF (Neues Kirchliche Finanzwesen) nicht verhindern konnten; ich hatte den Eindruck, dass viele Synodale nicht für NKF gestimmt haben, sondern eher dafür, dass die leidige Debatte endet.

2. Es gab in den letzten Jahren den Vorwurf, die Synode würde nur abnicken, was die Kirchenleitung vorlegt. Diesen Eindruck hat die Synode entscheidend korrigiert; einige Vorlagen wurden wesentlich verändert. Anderes ganz abgelehnt wie die Abschaffung der Wahlliste für Mitarbeitende bei Presbyteriumswahlen, vieles wurde vertagt, also eine selbständige, mündige Synode!

3. Diese Synode hat an vielen Stellen die Entscheidungshoheit der Presbyterien gestärkt; so sind künftig alle Beschlüsse im Zusammenhang der Presbyteriumswahl nicht mehr vom Kreissynodalvorstand zu genehmigen, ihm lediglich auf einem Formblatt mitzuteilen. Das Presbyterium trägt die alleinige Verantwortung für die Wahl. Das ist neu und gut so.

4. Es war eine ehrliche Synode. Es wurde kein Hehl aus den Fehlern etwa im Zusammenhang der bisherigen Einführung NKF gemacht, auch ein Scheitern der bisherigen Personalplanung betreffend den Pfarrdienst offen angesprochen. Und wo aus rechtlichen Gründen Entscheidungen „mit großen Bauchschmerzen“ gefällt wurden wie bei der Pfarrbesoldungsstruktur, wurde das baldige Korrekturbedürfnis gleich mitbeschlossen.

5. Vor dem Hintergrund der Synodalbeschlüsse etwa zur Verwaltungsreform oder auch NKF oder den Aufgaben künftiger Regionalisierung stelle ich dankbar fest, dass unser Kirchenkreis gut aufgestellt ist. Wo woanders die Arbeit erst anfängt – zum Beispiel ein Verwaltungsamt pro Kirchenkreis zu schaffen -, ist bei uns die Arbeit schon erledigt. Wir können uns so gelassen der inhaltlichen Aufgabe widmen, die uns nicht die Landessynode, sondern der Herr der Kirche stellt: Das Evangelium von Jesus Christus zu den Menschen zu bringen in Wort und Tat. Auch dazu gab die Synode manchen guten Impuls!“

Dr. Wolfgang Osterhage, Diplom-Ingenieur und Prädikant aus Wachtberg und stellvertretendes nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung:

„Da ich nur bis Dienstag nachmittags an der Synode teilgenommen habe, muss mein Eindruck fragmentarisch bleiben. Den Eröffnungsgottesdienst fand beeindruckender als in den vergangenen Jahren. Das lag teils an der anspruchsvollen musikalischen Gestaltung, teils an der schlichten, aber prägnanten Predigt von Oberkirchenrat Jürgen Dembeck, der ja letztmalig an der Synode teilnahm. Als eher störend empfinde ich die ständigen Applaussalven für geladene und interessierte Gäste. Ein anderes Störgefühl betraf die Grußworte der politischen Vertreter, die ihre Partei- und Wahlkampfinteressen nicht hinten anstellen konnten oder wollten.

Meinen Hauptbeitrag leistete ich im erweiterten Finanzausschuss. Sorge bereitet mir im Ergebnis die Arbeitslast, die auf Kirchenkreise und Gemeinden spätestens ab 2012 zukommen wird: drei große Projekte stehen an: Neues Kirchliches Finanzwesen, Verwaltungsstrukturreform und Personalplanung.

Diese Synode war – bezogen auf die Anträge – eher von finanziellen, gesellschaftspolitischen und verwaltungstechnischen Aspekten geprägt. Die geistliche Dimension kam allerdings durch einen anspruchsvollen Vortrag über „Kirchliche Berufe – der eine Dienst und viele Ämter“ von Professor Dr. Gotthard Fermor zum tragen.“

Jutta Mack, Dolmetscherin und Presbyterin der Heiland-Kirchengemeinde Bad Godesberg: 

„Die diesjährige Synode war geprägt von wichtigen Finanz- und Strukturentscheidungen. Das haben die anderen Synodalen schon beschrieben. Umstritten war vor allem die Millioneninvestition in ein neues Finanzsystem, die auch die Haushalte der einzelnen Gemeinden auf Jahre belasten wird. Ist das nötig? Wollen das wirklich alle – oder hatte die Mehrheit nur das mehrjährige Hin und Her satt?
Man spürte wieder den Zwiespalt zwischen “von oben” vorgeschlagenen Lösungen und dem Willen zur Entscheidungsfreiheit der einzelnen Gemeinde. Ein labiles Gleichgewicht bestenfalls, das immer wieder neu austariert werden muss – keineswegs zur Zufriedenheit aller Beteiligten…

Für viele befremdlich war das Grußwort des offiziellen Vertreters der katholischen Kirche, der uns zwar alles Gute wünschte, aber klipp und klar sagte, wegen der bekannten Unterschiede werde es mit der Ökumene noch ganz schön dauern. Wenigstens ehrlich!

Für theologische oder sonstige kirchenrelevante Themen war kein Raum. Um es bildlich mit dem Gleichnis  von Maria und Martha zu sagen: Diesmal war die Evangelische Kirche im Rheinland  fast nur wie Martha. Mehr Maria wäre dringend nötig – hoffentlich beim nächsten Mal!“

gar / 18.01.2011

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