Eindrücke und Bilanzen aus Abgeordneten-Sicht

Was hat die Abgesandten begeistert, berührt, erstaunt oder auch irritiert?
Pfarrer und Superintendent Dr. Eberhard Kenntner:
„Es war meine 8. ordentliche Landessynode, zwischendurch hatten wir noch eine außerordentliche. Mein Eindruck ist, dass ein Generationswechsel stattgefunden hat, der sich durchaus im Ablauf bemerkbar macht. Negativ dadurch, dass bisher geltende ungeschriebene Gesetze nicht eingehalten werden – zum Beispiel das Einbringen von Anträgen ins Plenum, die vorher schon in Ausschüssen keine Mehrheit fanden. Das kostet viel Zeit.
Andererseits, und das ist das Positive, weht ein neuer Geist, der nicht nach außen fordert, was die Kirche selber, etwa im Personalbereich, nicht einhält. Daneben werden Projekte, die keinen Sinn (mehr) machen, in klarer Entscheidung beendet; so das Schulwerk, das nun doch nicht kommt, oder ein Kriterienkatalog zur Feststellung der Leistungsfähigkeit von Gemeinden und Kirchenkreisen, der u.a. aus dem Wunsch entstanden ist, schneller und mehr zu fusionieren. Dagegen hat die Synode jetzt betont, dass die Aufgabe, Konzeptionen zu erstellen, gerade die Unvergleichbarkeit von Gemeindesituationen und –profilen voraussetzt und auch stärkt. Eine gute Nachricht!
Und dass Gesetze, die 20 Jahre lang nicht möglich waren, nun über Nacht ohne Gegenstimmen durchgehen (Pfarrvertretung) ist ebenso neu wie die Zurückstellung von Projekten, die einfach noch nicht ausgereift sind (Zentralisierung Rechnungsprüfung, Neudefinition Gehaltsgefüge).
Am besten aber hat mir gefallen, dass die Synode anstatt einer weiteren politischen Forderung nach Frieden in Nahost das getan hat, was ihre ureigenste Aufgabe ist: Nämlich Fürbitte zu halten und die Menschen in Gaza und Israel im Gebet vor Gott zu stellen. Die Landessynode nicht nur im Eröffnungsgottesdienst als geistliches Gremium zu erfahren, das war in dieser Weise für mich neu.“
Angelika Zädow, stellvertretende Superintendentin und Pfarrerin in Meckenheim, erstmals als gewählte Abgeordnete auf der Landessynode:
„Sehr zufrieden bin ich insgesamt mit den Ergebnissen der Synode. Das betrifft die Verlautbarung zur Kinderarmut ebenso wie das Impulspapier zum Dialog mit den Muslimen. Bei ersterem nimmt die Kirche ihren Auftrag zur Mahnung und zum Wächteramt war, in letzterem bietet sie aus christlicher Sicht gute Anknüpfungspunkte für einen Dialog gerade auch auf Gemeindeebene. Sehr gelungen finde ich den Text zur Situation im Nahen Osten, vor allem das mich sehr beeindruckende Gebet.
Erstaunt hat mich, dass der Blick über die Grenzen der EKiR doch eher am Rande stand. Meines Erachtens könnte mehr an „Blick über den Tellerrand“ erfolgen und hilfreich sein gerade in Fragen der Strukturen auf Gemeinde-, Kirchenkreis- und Landeskirchenebene.
Insgesamt empfand ich die Debatten – bei allen Längen, die solche großen Zusammenkünfte haben – aber sehr konstruktiv.“
Dr. Wolfgang Osterhage, Diplom-Ingenieur und Prädikant aus Wachtberg, erstmals als gewählter Abgeordneter auf der Landessynode und dort als stellvertretendes nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung gewählt:
„Insgesamt überwiegen die positiven Eindrücke. Wenn man für eine ganze Woche eingetaucht ist in Beratungen über kirchliche Belange, zusammen mit vielen Gleichgesinnten (die auch schon einmal in den Meinungen divergieren können), hat man am Ende doch den ganz normalen Alltag hinter sich gelassen. Dabei geht die Arbeit von morgens früh bis spät in den Abend (mit Unterbrechungen). Aber selbst zu später Stunde schließt sich danach noch ein informeller Austausch zum Ausspannen an. Man lernt viele Menschen kennen und wundert sich gleichzeitig, wie viele man schon vorher kannte, die man auf der Synode wiedersieht.
Die Arbeit im Finanzausschuss war ausgesprochen effizient und sehr gut vorbereitet. Die Plenumsarbeit gestaltete sich etwas bürokratischer, was zum Teil auch an den vorgeschriebenen Verfahren liegt. Die Diskussionen waren geprägt von großer Sachlichkeit und dem Bemühen aller, die Meinungen anderer zu respektieren. Neben den Haushaltsfragen und den Wahlen sind mir insbesondere die Schwerpunkte Re-Organisation des Landeskirchenamtes und das Ringen um eine angemessene Stellungsnahme zum Nahost-Konflikt in Erinnerung geblieben. Besonders gefreut habe ich mich über den guten Zusammenhalt der Synodalen unseres Kirchenkreises untereinander und mit denen unserer Nachbarkirchenkreise in Bonn an und Rhein und Sieg.“
Dr. Ebba Hagenberg-Miliu, Journalistin und Buchautorin aus Bad Godesberg, erstmalig dabei auf der Landessynode als von der Kirchenleitung berufenes Mitglied:
„Fangen wir mit der Begeisterung an. Ich war als Frischling in der Delegiertenrolle schon angetan vom Einsatzwillen sowie vom heiligen Ernst, mit dem so viele unterschiedliche Menschen in einem wahren Sitzungsmarathon aber auch jedes Thema bis zu Ende diskutiert, bedacht, beurteilt haben. Ich hab` was von Demokratie in ihrem besten Sinne gefühlt.
Berührt hat mich, ich war in den Finanzausschuss geschickt, wie ehrlich und zum Teil auch wütend Mitglieder von der eklatanten Geldnot ihrer Gemeinden berichteten, wie sie den Finger auf all das legten, was sie sich schon jetzt nicht mehr leisten können: keinen Kirchenmusiker, ja auch keinen Pfarrer – und das pikanterweise in einem Ausschussraum mit direktem Blick aufs Bad Neuenahrer Casino. Hier erfuhr auch die Journalistin aus dem vergleichsweise reichen Kirchenkreis, wo überall der Schuh drückt.
Erstaunt? Das war ich dann doch von der strikten Aufgabentrennung. Wir im Finanzausschuss wurden immer wieder aufgefordert, uns doch allein auf die zu sparenden Gelder zu konzentrieren. „Lassen Sie die Inhalte, die pädagogischen Überlegungen, alles das beiseite“. Theoretisch sicher wunderbar. Praktisch für mich unmöglich, nicht gerade auf das zu schauen, was eingespart werden soll und was nicht. Sie werden denken: Da saß sie im falschen Ausschuss. Sagen wir so: Ich saß genau richtig da, wo wie auch „im richtigen Leben“ der Hammer hängt.
Und zum Schluss: Wo war ich irritiert? Ich, die von der Düsseldorfer Kirchenleitung von außen berufen wurde. Ich komme hiermit wieder zum Anfang zurück. Mich machte der für eine Journalistin unglaublich große Zeitrahmen, der in der Synode jedem, aber auch jedem Thema gegeben wird, fassungslos. Nicht, dass ich mir als Protestantin katholische Verhältnisse wünschen würde. Aber in diesem Punkt mischte sich in mir die Begeisterung doch gewaltig mit der Irritation.“
Jutta Mack, Dolmetscherin und Presbyterin der Heiland-Kirchengemeinde Bad Godesberg:
„Die Synode ist eine Welt für sich, und im Mittelpunkt stehen immer kirchliche Themen, manchmal auch Gott. Auch optisch ist das beschauliche Bad Neuenahr fest in evangelischer Hand- auffällig viele Gruppen dunkelgewandeter Synodaler eilen entlang der Ahr zu den verschiedenen Sitzungsorten!
Die Synode ist auch fleißig: Man könnte sie mit einem Landtag vergleichen, nur dass sie die gesamte Themenbreite von Finanz- bis Weltanschauungsfragen in einer einzigen Woche pro Jahr behandeln muss: Man lernt ständig dazu und profitiert von den vielen sachkundigen Meinungsäußerungen. Manchmal kommt über den vielen Verwaltungstexten die inhaltliche Diskussion zu kurz, aber diesmal fand ich einen Vorgang bemerkenswert:
Es ging um den Konflikt im Gaza – Streifen. Statt einen – sicher gutgemeinten – flammenden Aufruf an alle denkbaren politischen Instanzen zu formulieren, besannen wir uns auf unser ureigenstes Anliegen: Dass die Synode in aller Demut erkennen muss, dass sie entsetzter aber ohnmächtiger Zuschauer ist. Dass ihr nur bleibt, die Not und den Tod so vieler Menschen vor Gott zu beklagen – und der Text schließt mit einem Gebet …
Die Synode ist eben doch nicht wie ein Landtag, und ihr Bezugspunkt ist Gott.“
Alle Infos zur Landessynode 2009: www.ekir.de
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