„Wie Weihnachten ein Fest für Körper und Seele wird“

Oliver Röder, Sternekoch aus Flamersheim im Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel: "Gutes Essen stärkt Körper und Seele."

Oliver Röder (35) erhielt 2012 seinen ersten Michelin-Stern und 16 von 20 „Gault Millau“-Punkten als Neuentdeckung des Jahres. Der Sternekoch, der u. a. mit seiner Frau die „Landlust“ auf Burg Flamersheim bei Euskirchen betreibt, erzählt im Interview, wie Weihnachten ein Fest für Körper und Seele wird. Wie war das früher Heiligabend bei Ihnen zu Hause? […]

Oliver Röder (35) erhielt 2012 seinen ersten Michelin-Stern und 16 von 20 „Gault Millau“-Punkten als Neuentdeckung des Jahres. Der Sternekoch, der u. a. mit seiner Frau die „Landlust“ auf Burg Flamersheim bei Euskirchen betreibt, erzählt im Interview, wie Weihnachten ein Fest für Körper und Seele wird.

Wie war das früher Heiligabend bei Ihnen zu Hause? Was gab es zu essen?

Zu Hause gab es bei uns immer Ente. Ganz klassisch Ente, Rotkohl, Blaukraut. Damit wurde ich groß. So haben die Eltern meiner Mutter auch schon immer gekocht. Von Vaters Seite kamen irgendwann Erbsensuppe und Fisch mit rein. Bei uns gibt es immer ein mehrgängiges Menü.

Haben Sie Heiligabend auf?

Heiligabend haben wir zu, weil wir den ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag geöffnet haben. Das ist ein Tag, da sollen die Mitarbeiter bei ihren Familien sein.

Sie feiern mit Ihrer Frau?

Mit meiner Frau und unseren zwei Kindern. Oft sind meine Eltern und Schwiegereltern da. Seitdem wir Kinder haben, ist es wieder sehr familiär geworden.

Was würden Sie unseren Lesern und Leserinnen empfehlen, wenn man Weihnachten zu Hause kocht?

Es bleibt bei der Ente. Ich bin da sehr klassisch. Ich mag Traditionen. Man sollte daran gar nicht viel ändern. Selbst wenn man aus einer Familie kommt, wo es immer Kartoffelsalat und Würste gab. Man fühlt sich dann wieder zurückversetzt. Das geht mir zumindest so. Man reflektiert sich selbst und den eigenen Werdegang. Man kann sich daran erinnern, als man klein war. Was man in der Zeit erlebt hat. Was im letzten Jahr passiert ist. Was es mit sich gebracht hat. Da finde ich Tradition sehr, sehr schön.

Gibt es denn außer dem Essen für Sie eine Heiligabend-Tradition?

Wir gehen immer in die Kirche. Und schmücken den Weihnachtsbaum.

Sie sind evangelisch und sicherlich ein Genussmensch. Wie genussfähig erleben Sie Ihre evangelische Kirche?

Allgemein schon. Es spielt aber keine Rolle, ob jemand evangelisch, katholisch oder Atheist ist. Zu Weihnachten kommen alle irgendwie zusammen. Man lebt, glaube ich, heute bewusster. Man gönnt sich was. Das war früher schon so und wurde noch ernster genommen. Wer weniger hat, kann sich mit Essen sehr schnell wie ein König fühlen. Wenn ich zum Beispiel nicht das Geld habe, um Skiurlaub zu machen, kann ich aber ein richtig tolles Stück Fleisch oder Fisch einkaufen. Dann fühle ich mich ganz schnell sehr gut. Das hat eine Wertigkeit, die man direkt erleben kann. Viele machen das und sehen das Weihnachtsfest als etwas Besonderes an.

Sie sagen, Essen ist gut für den Körper und die Seele.

Oh ja. Wenn wir mit dem Köper anfangen: Jede, jeder von uns möchte am liebsten Hundert werden. Aber die meisten schmeißen oben immer nur Mist rein. Überspitzt formuliert: Man sollte den Körper als Maschine sehen. Viele kaufen sich die tollsten Autos und würden sicher kein gepanschtes Öl reinschütten. Sie geben für das Motoröl 30 Euro pro Liter aus. Aber das Olivenöl zuhause darf maximal drei Euro kosten. In dem Moment sollte man das alles hinterfragen: Wo sind die Prioritäten und wie viel wert sind wir uns selbst? Wenn ich nur Schrott esse und meinen Körper wie einen Haufen Elend behandle, wird er krank. Da muss mehr Bewusstsein entstehen. Wenn ich gutes Essen esse, geht es meinem Körper gut. Dann geht’s auch mir gut.

Damit meinen Sie auch die Seele?

Ja, das sind Körper und Seele. Es ist ganz wichtig, dass man Essen genießt und ein bisschen Ruhe reinbringt. Das ist mit zwei kleinen Kindern manchmal leichter gesagt als getan. Aber wenn meine Frau und ich mal Zeit für uns brauchen, gehen wir eigentlich immer essen. Da herrscht eine gewisse Ruhe, man genießt, man unterhält sich. Das hat für mich wirklich mit Genuss zu tun. Es muss nicht immer ein Sternerestaurant sein. Beim Essen kann ich abschalten. Da komme ich runter. Ich esse etwas Vernünftiges, es schmeckt gut und es ist Handwerk dabei. Automatisch geht’s mir dann einfach gut. Und wenn es im Körper gut geht, geht es der Seele meistens nicht schlechter.

Essen hat ja oft oder häufig etwas mit Gemeinschaft zu tun.

Ja, so ist es. Alleinstehende kochen nur selten noch für sich. Sie sagen, ich muss ja etwas essen, um satt zu werden. Aber der Spaß dabei ist relativ gering. Wenn man jedoch Leute einlädt, macht das Spaß. Wenn man zusammen sitzt, in die Gesichter sieht und im Idealfall schmeckt es den Leuten. Ich finde in der Gemeinschaft essen immer schöner. Es ist gesellig. Unsere Nachbarländer zelebrieren das oft anders als wir, in größeren Runden, mit mehr Zeit, mit mehr Gelassenheit. Das finde ich sehr toll und wirklich bewundernswert.

Wir wissen, dass Heiligabend jeder Vierte alleine feiert. Haben Sie noch einen Menü-Tipp, den man für sich allein auf den Tisch zaubern kann?

Also, nee. Selbst wenn man sich eine Ente macht. Man muss ja keine mit fünf Kilo kaufen. Es gibt tolle Produkte, die haben zwei Kilo, für zwei Personen. Dann kocht man für den nächsten Tag gleich mit. Im Idealfall sagt man jemandem, der auch alleinstehend ist, komm zu mir, ich koche für uns beide. Weihnachten sollte man eigentlich nicht alleine sein. Es gibt immer Leute, von denen man weiß, dass sie alleine sind. Hier den Kontakt zu suchen, wäre wirklich gut.Seite drucken Seite versenden