„Schief ist nicht schlimm!“

Mittwoch, letzter Schultag vor Weihnachten. Überall strömen Kinder und Jugendliche nach Hause. Nicht so rund um die Christuskirche. Denn die Schüler und Schülerinnen des Friedrich-List-Berufskollegs zieht es in das evangelische Gotteshaus in Bad Godesberg „Ob das alles Christen sind?“, fragt Ulla Heine im Anspiel. Die katholische Religionslehrerin erntet fröhliches Lachen. Unter den mehr als 400 […]

Mittwoch, letzter Schultag vor Weihnachten. Überall strömen Kinder und Jugendliche nach Hause. Nicht so rund um die Christuskirche. Denn die Schüler und Schülerinnen des Friedrich-List-Berufskollegs zieht es in das evangelische Gotteshaus in Bad Godesberg

„Ob das alles Christen sind?“, fragt Ulla Heine im Anspiel. Die katholische Religionslehrerin erntet fröhliches Lachen. Unter den mehr als 400 Besuchern des ökumenischen Gottesdienstes sind viele Konfessionen und Religionen vertreten. Da sitzt der 16-jährige Nico neben seinem Klassenkameraden Hares (17), beide aus der Handelsschule. Für sie hat der Besuch des ökumenischen Gottesdienstes Premierencharakter. „Das ist etwas ganz Neues für mich“, verrät der muslimische Schüler. Sein evangelischer Freund kennt sich da besser aus, denn an Weihnachten geht er immer „ganz normal“ mit der Familie in die Kirche. Und natürlich haben beide das Thema Weihnachten im konfessionsübergreifenden Religionsunterricht besprochen.

 

Für ein kleines Theaterstück bittet Margitta Kruppa die Herren Sadi, Salomo und Meyer nach vorne. Unter diesen Pseudonymen stellen drei Schüler je einen Vertreter der muslimischen, jüdischen und christlichen Religion dar. Warum sich Moslems denn immer wieder in die Luft sprengen würden, fragt die evangelische Pfarrerin den muslimischen Vertreter provokant. „Unser Gott fordert das auf keinen Fall“, betont dieser und erläutert die Bedeutung des Fastenmonats Ramadan. Hier gehe es auch darum, die Situation armer Menschen nachzuempfinden und für Bedürftige zu spenden. Herr Meyer erklärt, dass an Weihnachten Jesus geboren wurde und es deshalb Geschenke gibt. Das ist bei den Juden ähnlich. Zu Chanukka, dem Lichterfest am 25. Dezember, gibt es ebenfalls Geschenke. „Wenn wir alle drei zusammen sitzen, kann es Frieden geben“, ist sich das Trio einig. Darauf, dass die Schüler das Stück gemeinsam im Unterreicht entwickelt haben, ist Kruppa besonders stolz.

Zum dritten Mal haben Religionslehrerinnen des Berufskollegs den ökumenischen Gottesdienst vorbereitet. „Friede für Euch und die Welt“ lautete diesmal das Thema. Dass Jesus als Friedefürst auf die Welt gekommen sei, schildert Margitta Kruppa in ihrer Predigt. Den Aufmerksamkeitsbogen zu halten, ist nicht ganz einfach. „Das sind alles keine Kirchgänger“, verdeutlicht sie. Kruppa meint damit nicht nur die muslimischen Jugendlichen, die etwa ein Viertel der Besucher und Besucherinnen stellen. „Die Berufsschüler kommen hierher in ihrer Freizeit. Das ist etwas schwierig, aber es klappt“, freut sich die Pfarrerin über die übervolle Kirche. „Bei uns sind alle willkommen“, sagt auch ihre Kollegin Ulla Heine. Für sie ist klar: „Eine christliche Sozialisation gibt es immer seltener.“ Große Unterstützung für den Gottesdienst kommt auch von Schulleiter Hermann Hohn, wie Mitorganisator Christian Knoche-Hager berichtet.

 

Verbindendes Element für alle in der Kirche ist der bildungsgangübergreifende Gospelchor, in dem auch Knoche-Hager mitsingt. Mit Schülern und Lehrern hat Kirchenmusiker Michael Langenbach einige Stücke vorbereitet, zum Vor- und Mitsingen. Er selbst bearbeitet dazu schwungvoll die Pianotasten. „Der Chor macht richtig Spaß“, berichtet dann auch die 17-jährige Ebro. Hier können alle ihre Ideen mit einbringen. Damit auch die übrigen Besucher mitsingen, macht Margitta Kruppa ihnen Mut: „Schief ist nicht schlimm. Hauptsache, Sie singen mit!“

 
 

 

Uta Garbisch /

 

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