Erste Eindrücke von einer Nacht voller Träumen und Staunen

Abendsegen auf dem Kaiserplatz zum Ende der 7. Bonner Kirchennacht (Foto: Meike Böschemeyer)

Weit mehr als 15.000 Besucher, so viele wie noch nie, zählte die 7. Bonner Kirchennacht am Abend des 8. Juni 2018. Lesen Sie hier erste Eindrücke und Erlebnisse einer eindrucksvollen Nacht mit über 150 Veranstaltungen an 38 Orten im ganzen Stadtgebiet. „Der Abend war ein voller Erfolg“, fasst Kreuzkirchenpfarrer Rüdiger Petrat zusammen. Alleine die evangelische […]

Weit mehr als 15.000 Besucher, so viele wie noch nie, zählte die 7. Bonner Kirchennacht am Abend des 8. Juni 2018. Lesen Sie hier erste Eindrücke und Erlebnisse einer eindrucksvollen Nacht mit über 150 Veranstaltungen an 38 Orten im ganzen Stadtgebiet.

„Der Abend war ein voller Erfolg“, fasst Kreuzkirchenpfarrer Rüdiger Petrat zusammen. Alleine die evangelische Kreuzkirche am Kaiserplatz in der Innenstadt zählte in der Bonner Kirchennacht fast 4.000 Besucher mit Highlights wie der „virtuellen Kirchenführung“ von und mit Pfarrer Gerhard Schäfer oder das Mitsingkonzert unter Leitung von Kirchenmusikdirektorin Karin Freist-Wissing, zu dem 1.000 Besucher in die Kreuzkirche strömten, oder die Orientalische Traummusik. Zudem erklommen die Besucher die über 100 Stufen auf den Turm der Citykirche und genossen eine Führung durch alle Innenstadtkirchen von oben. Rund 100 Kinder erkundeten bei der der Taschenlampenführung mit Pfarrer Petrat den Bunker und das Kirchengewölbe.

Auch das Bonner Münster, das aktuell saniert wird, hatte schon lange nicht mehr so viele Menschen gesehen. Mehrere hundert Besucher genossen den lauen Sommerabend bei einem kühlen Glas Wein im stimmungsvoll illuminierten Kreuzgang und lauschten den Ausführungen zu Glaube und Astronomie von Michael Geffert, Astronom am Argelander-Institut der Universität Bonn, und Martina Brechtel vom Stadtdekanat, musikalisch begleitet von den Posaunenchorbläsern der Region Bonn.

Schlange stehen für den Segen

Großer Andrang auch in der alt-katholischen Namen-Jesu-Kirche: Hier standen Paare Schlange, um den Segen für Liebende zu empfangen.Nach einem Kurzgottesdienst mit Liedern, Gebet und geistlichem Impuls wurde jedem anwesenden Paar ein persönlicher Segen zugesprochen. Und beim Format „Beten mit Beethoven“ luden Beethovens Werke zu Gebet und Meditation ein.

Poetry-Slam und Jazz-Musik – Saxophon am Hauptbahnhof

Slam-Poetin Sandra da Vina begeistert das Publikum in der bis auf den letzten Platz besetzten Bonner Schlosskirche. (Foto: Meike Böschemeyer)

Die deutschlandweit bekannte Slam-Poetin Sandra da Vina begeisterte gleich zweimal die Besucher: In der evangelischen Schlosskirche und der Trinitatiskirchengemeinde präsentierte sie Texte passend zum Thema der Kirchennacht „Staunen und Träumen“. Für die musikalische Untermalung sorgte das studentische Jazz- und Blues-Trio Smooth ‘n‘ Crazy, ebenfalls höchst berührend – und das alles in einem erstmals für diese Nacht vollständig neu ausgeleuchteten Kirchraum.

Standing Ovations gab es auch in der Lutherkirche für Christian Padberg alias Dad´s Phonkey, der die Besucher mit a-capella-Loop-Improvisationen zum Zuhören und Staunen einlud. Vom Bahnsteig von Gleis 1 aus verzauberte Saxophonmusik den ganzen Hauptbahnhof. Auch Gregor Bünnagel und sein ökumenisches Team von der Bonner Bahnhofsmission (Caritas & Diakonie) feierten Kirchennacht. Dazu gab es berührende Lesungen aus dem „Lokbuch“ der ökumenischen Bahnhofsmission. Was für eine Atmosphäre!

Kirchliche Stadtrundfahrt mit dem Cabrio-Bus

Zum ersten Mal bei einer Bonner Kirchennacht dabei war eine Stadtrundfahrt im Cabrio-Bus. Innerhalb von zwei Stunden waren die kostenlosen Eintrittkarten, die man im Vorfeld bestellen konnte, vergriffen. Superintendent Eckart Wüster und Dechant Bernd Kemmerling nahmen die Teilnehmer mit auf eine eineinhalbstündige Tour durch Bonn, vorbei an bekannten Kirchen in der Nordstadt oder der Doppelkirche in Schwarzrheindorf, aber auch hin zu weniger besuchten Orten wie dem Prälat Schleich-Haus, der Radstation der Caritas oder der Alten Evangelische Kirche in Oberkassel. Mit einer Mischung aus Information und Anekdoten brachten sie den Mitfahrern das kirchliche Bonn näher.

Jazz-Nacht in Godesberg, lange Tafel in Duisdorf und Harfenklänge in Beuel

Doch nicht nur die Innenstadtkirchen waren gut besucht. Auch die Gemeinden auf dem Venusberg, in Bonn-Duisdorf, Godesberg und Beuel berichten von so vielen Besuchern wie noch nie.

Alles, was in der Jazz-Welt Rang und Namen hat schien Pfarrer Siegfried Eckert in die Pauluskirche nach Friesdorf eingeladen zu haben. Den ganzen Abend über war die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt, bis in den frühen Morgen wurde unter dem Motto „Open Spaces“ gefeiert.

Ein Zeichen der Ökumene setzten die katholischen Kirchengemeinden St. Thomas-Morus und St. Laurentius gemeinsam mit der Evangelischen Johanniskirchengemeinde Bonn-Duisdorf: Auf der fast einen Kilometer langen Strecke zwischen der Johanniskirche und St. Laurentius hatten die Duisdorfer eine lange Tafel aufgebaut. Begleitet von musikalischen Intermezzi einer Trommelgruppe und den Chören Euphonia aus Bottrop und Starke Stimmen Bonn wurde den ganzen Abend bei kühlen Getränken und leckeren Speisen die Kirchennacht genossen.

Etwas ruhiger ging es in der evangelischen Versöhnungskirche in Beuel zu. Rund 70 Besucher fülten die Kirche unter dem Motto „Und in der Dämmrung Hülle“ und feierten eine ökumenische Abendandacht. Pfarrer Dr. Wilfried Evertz, Christiane Herbst-Jütten und Pfarrer Dr. Christoph Melchior sprachen Gebete und Nachtgedanken, im Wechsel mit Klavier- und bezaubernden Harfenklänge von Kantor Hubert Arnold.

„Der Mond ist aufgegangen“ aus 400 Kehlen

Lebendige Ökumene auch zu Fuß auf dem Weg durch die Altstadt

Mehrere hundert Besucher genießen den Abend im illuminierten Kreuzgang des Bonner Münsters. (Foto: Reinhard Sentis)

Lebendige Ökumene prägte auch die sommernachtleichte Stimmung in der ehrwürdigen griechisch-orthodoxen Metropolie in Beuel-Limperich, einem „Urgestein“ der Bonner Ökumene. Konfessionsmiteinander an vielen Orten wie in Duisdorf, Sankt Rochus sowie zwischen der Johanniskirche und St. Laurentius. Und auch in der Altstadt und Bonn-Castell: die katholischen und evangelische Gemeinde hatten zu einer von Psalmlesungen gerahmten geistlichen Wanderung von Kirche zu Kirche geladen. In der benachbarten LVR-Klinik lud die Krankenhausseelsorge, erstmals bei der Kirchennacht dabei, gut ökumenisch zum gemeinsamen Programm.

Geistliche Begegnungen, unbeschwert und fröhlich, auch in Godesberg: in der Erlöserkirche, die 250 Menschern zum Orgelkonzert „Von fremden Ländern und Menschen“ begrüßen durften, die sich anschließend bei orientalischen Köstlichkeiten und Flammkuchen vor der Kirche stärkten. Auch hier gab es anschließend Jazz vom Feinsten. Musikalisch-französisch barchte die Rigal`sche Kapelle die Menschen zum Staunen und Träumen mit einem kurzweiligen Programm und immer wieder dem inspirierenden Cajun-Duo Johannes Eprfemian & Yves Gueit.

Kirchennacht international in der APC

Buntes Treiben herrschte in der American Protestant Church (APC). Die Gemeinde hatte wieder all ihre Musikgruppen aktiviert, die die Besucher zum Mitsingen einluden – die hatten am Eingang schon mal bunte Kreppbänder um den Hals bekommen. Dazu gehörten natürlich auch Lieder, die zum Thema der Kirchennacht passen: „Be thou my vision“ oder „Prayer for Peace“. Inhaltlich hatten Pastor Jeff Powell und das Vorbereitungsteam sich an Träumen und Visionen orientiert, da fehlte in der amerikanischen Kirche natürlich nicht Martin Luther King Jr. und sein „I have a dream“. Zum Thema „Jesus‘ Ideen für die Welt – und was wir bis dahin tun können“ durften Besucher ihre Gedanken an große Wände kleben und im  „Dream Café“ munter zu diskutieren. Viele Menschen nutzten die Kirchennacht als Chance, diese in Deutschland einzigartige Kirche erstmals zu erleben.

Fröhliche Ökumene ebenso auf dem Venusberg. Hier in der Auferstehungskirche luden die evangelische und katholische Gemeinde gemeinsam Programm. Die Chöre von Auferstehung, St. Barbara und Heilig Geist sangen „von einem neuen Morgen“, so das beschwingte Motto. Mit Taizéliedern ging es anschließend besinnlich in die auch auf dem Venusberg noch lauen Sommernacht hinein.

„Ansichten eines Clowns“ –Theater und Orgel in St. Marien Bad Godesberg

Theater und Orgelmusik prägten die Kirchennacht in St. Marien Bad Godesberg. Nach der Begrüßung der Gäste durch Pfarrer Dr. Wolfgang Picken gab es ausgewählte Orgelmusik, die zum Thema „Clown“ hinführte: Die dramaturgisch auf den Punkt gelungene musikalische Hinführung zum Thema „Clown“ von Kantor Dr. Joachim Sarwas lud mit heiteren, aber bisweilen auch melancholischen Klängen zum Staunen und Träumen ein, berichtet Christine Hofer vom Kirchennachts-Team in St-. Marien. „Ein fließender Übergang von Musik zu Theater ließ das existentielle Spiel von Bernd Braun vom Theater Bonn zu Heinrich Bölls „Ansichten eines Clowns“ in den Kirchenraum förmlich hineinwachsen.“ Hier konnten die über 250 Gäste wieder staunen: „Der Clown bezog den sakralen Raum mit ein in sein Spiel – die Kulisse von Altar, Ambo und Kreuz wurde lebendig.“ Mit anhaltendem Applaus verabschiedeten die Zuschauer die beiden Künstler. Im Anschluss viele Getränke und Gespräche in einer auch in Godesberg lauen Sommernacht vor dem Forum Bad Godesberg auf dem Kirchhof neben der Marienkirche.

Kirchennacht open air auf dem Kaiserplatz

Beginn und Ende der Kirchennacht fanden auf dem Kaiserplatz statt, wo Schülerinnen der Liebfrauenschule Bonn zusammen mit Pfadfindern der Stämme St. Rochus und Phoenix sowie Pfarrerin Wibke Janssen und Dominik Schultheis mit zwei Jurten, Feuerstellen und vielen Kerzen ein besonders stimmungsvolles Ambiente gezaubert hatten, das viele Passanten zum Innehalten annimierte. Schülerinnen. Zum Abendsegen stießen dann Pfarrer Michael Pues und Studierende der ESG dazu. Mit diesem öffentlichen Abendsegen mitten im Bonner Innenstadtleben und einem 400-stimmigen „Der Mond ist aufgegangen“ ging die 7. Bonner Kirchennacht zumindest hier auf dem Kaiserplatz auf das Ende zu.

Aber das war noch nicht das Ende: Manche blieben zu Gitarrenklängen am Lagerfeuer und in der Kreuzkirche gleich nebenan ging es anschließend mit zarter Orgelmusik durch Stefan Horz, der gerade zuvor noch Sandra Da Vina in der Trititatiskirche begleitet hatte, und Segen noch bis in die Nacht. Und in Trinitatis wurde da auch immer noch getanzt und in der Pauluskirche in Friesdorf gejazzt – wer weiß wie lange noch …

Für Jung und Alt

Die Kirchennacht bot auch ein eigenes Kinder- und Jugendprogramm. In der Helenenkapelle gestaltet von Schülerinnen und Schülern des AMOS, gaben sich die Besucher die Klinnke in die Hand. Vor dem in Bonn einzigartigen romanischen Zimmerkirchlein standen die Menschen bis auf die Straße Schlange. Schon ein Klassiker im Kirchennachtprogramm Christa Saamers Märchenstunde in der Kapelle im Marienhaus.  In der Nikolaus Kirche in Kessenich boten die Chöre der Nikolaus Schule, sowie der Kinder- und Jugendchore der St. Nikolaus Gemeinde unter Leitung der Kirche Musikerin Stefanie Zimmermann in Kooperation mit der Gemeindereferentin Helga Bleser und Beate Schneider ein musikalisches Schattenspiel zur biblischen Geschichte von Sara und Abraham aufgeführt. Dabei konnte sich die rund100 Gäste über den Gesang der 50 Kinder und Jugendlichen erfreuen und die eindrucksvollen Bilder betrachten.

Und natürlich: die Jugendkirche in Campanile/Sankt Franziskus in der Altstadt, die wie die Kirchenzelte auf dem Kaiserplatz, ein wunderbarer Ort war zum Chillen auf geistlichen Spuren mit cooler Livemusik.

Dass Kirchennacht auch am Rande, also nicht im Stadtzentrum „funktioniert“, zeigten die Aglikaner in der Sankt Pauluskirche in Beuel mit englischem Folk und Evensoing. „Morris Open konnte uns begeistern“, berichtet fröhlich Katharina Meier-Cortés von den Zuhörern in St. Paulus. Oder der Tanzkurs für Kirchennachtschwärmer in Kreuzung an Sankt-Helena am Rande der Altstadt. Auf die Idee eines solchen Angebots muss man erst einmal kommen – vielen Dank Burkard Severin und seinem Team!

Ein Special der Kirchennacht auch wieder die Gertruskapelle im Frauenmuseum: „Durch den regen Besuch hatten wir bis 22.00 geöffnet“, so Kurt Delander, Marianne Pitzen und das Team der Getrudiskapelle. Ergriffen verfolgten allein an die 150 Besucher den Liedermacher Georg Schinkel und seine Protestsongs gegen die Zerstörung des Immerather Doms. „Eine wunderbare Nacht vor und in der Kapelle!“

Oberkassel: Guter Besuch auch an der Peripherie

Staunen und Träumen auch in Oberkassel: Die evangelische Kirche hatte dort zu Ausstellung von Werken von Annegret Goebels ,zu einem „sehr stimmungsvollen Konzert“ mit klassischen skandinavischen Werken,der Lesung des Märchens die kleine Meerjungfrau und einem Taizégoittesdienst geladen. Bernd Fischer von der Gemeinde Oberkassel: „Wir haben gerne mitgemacht und waren mit der Resonanz sehr zufrieden, zumal wir vorher die Sorge hatten, dass wir mit unsere Lage an der Peripherie für die Besucher nicht so spannend sein könnten.“

Intensiv gerechnet wurde in und um die Sankt Elisabethkirche in der Südstadt, die sich „Staunen und Träumen und Zählen“ zum Motto gemacht hatte. „Die Leute, die da waren, waren bis zu zwei Stunden da und haben intensiv gelesen und bei den Aktionen mitgemacht“, berichtet Lucie Möhring vom Team St. Elisabeth. „Meine Helfer und ich haben mit wildfremden Besuchern viele, gute und intensive Gespräche geführt und das finde ich persönlich sehr wichtig. Um Mitternacht konnten wir die Türen abschließen. Auch wenn es anstrengend, war es doch ein sehr erfolgreiches Wochenende, es hat sich gelohnt.“

Kleine Geschichte am Rande: Max und seine Trompete

„Am Martinsplatz vor dem Münster spielten die Mitglieder der Posaunenchöre der Bonner Region Choräle. Spontan äußerte der Grundschüler Max, der zuhörte, den Wunsch, mitspielen zu dürfen, da er selber Trompetenunterricht hatte. Er bekam eine Trompete ausgeliehen und reihte sich für die nächsten Choräle wie selbstverständlich in die Reihen der Musiker ein, um in der zweiten Stimme mitzuspielen.“ Das erzählt Michael Geffert, Leiter des Posaunenchors. Diese Begebenheit zeige, sagt er, „wie interessiert und spontan begeistert die Zuhörerinnen und Zuhörer waren. Das war an vielen Ecken deutlich zu spüren! Was für eine grandiose Kirchennacht!“

Ausdrücklich Dank an hunderte Ehrenamtliche und Mitwirkende

Die Veranstalterin der BonnerKirchennacht, die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Bonn, ist sehr zufrieden: Mit weit über 15.000 Teilnehmenden, darunter sehr viele junge Leute, war das die am besten besuchteste Kirchennacht in Bonn. Großer Dank an viele hundert Mitwirkende und Ehrenamtliche, ohne die dieses „geistliche Großereignis“, wie auch Bürgermeister Reinhard Limbach schon bei der Eröffnung betont hatte, gar nicht möglich wäre. Der ACK-Vorsitzender Pfarrer Thomas Schüppen: „Freuen wir uns schon auf die nächste Bonner Kirchennacht!“

 

Die Übersicht der Impressionen aus den teilnemenden Kirchen wird laufend ergänzt.

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Johanna Nolte/ger / 09.06.2018