Landessynode 2017: Abgeordneten-Sicht

Die Vertreter aus Bad Godesberg und der Voreifel: Mathias Mölleken (rechts) mit Frank Bartholomeyczik, Siegfried Eckert, Wolfgang Osterhage und Jens Schulz: Foto: Uta Garbisch

Die Landessynode bestimmt den Kurs der Evangelischen Kirche im Rheinland. Sechs Vertreterinnen und Vertreter sind aus dem Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel dabei. Der Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel ist in Bad Neuenahr vertreten durch Superintendent Mathias Mölleken (Kirchengemeinde Meckenheim), Pfarrer Siegfried Eckert (Thomas-Kirchengemeinde Bad Godesberg), Irmela Richter (Kirchengemeinde Rheinbach) bzw. ihrer Vertreter Jens Schulz (Kirchengemeinde Euskirchen), Frank Bartholomeyczik (Kirchengemeinde […]

Die Landessynode bestimmt den Kurs der Evangelischen Kirche im Rheinland. Sechs Vertreterinnen und Vertreter sind aus dem Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel dabei.

Der Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel ist in Bad Neuenahr vertreten durch Superintendent Mathias Mölleken (Kirchengemeinde Meckenheim), Pfarrer Siegfried Eckert (Thomas-Kirchengemeinde Bad Godesberg), Irmela Richter (Kirchengemeinde Rheinbach) bzw. ihrer Vertreter Jens Schulz (Kirchengemeinde Euskirchen), Frank Bartholomeyczik (Kirchengemeinde Meckenheim) sowie die berufenen Synodalen Norman Rentrop (Bad Godesberg) bzw. seine Vertreterin Dr. Ebba Hagenberg-Miliu (Bad Godesberg). Als Gast  und Vertreterin der Jugend nahm außerdem Melina Wolf (Kirchengemeinde Wachtberg) teil.
Außerdem aus der Region: Dr. Wolfgang Osterhage (Wachtberg), just wiedergewähltes stellvertretendes Mitglied der Kirchenleitung und Mitglied im landeskirchlichen Lenkungsausschuss für das NKF (Neues Kirchliches Finanzwesen).

Lesen Sie hier ihre persönlichen Eindrücke und Einschätzungen (wird forlaufend ergänzt).

Die Synodalen an ihrem „Arbeitsplatz“ im Plenum. Foto: Uta Garbisch

Frank Bartholomeyczik (Meckenheim):

Bei erstmaliger Teilnahme war ich beeindruckt von der großen Offenheit und Gesprächsbereitschaft und -kultur. In den Ausschüssen gab es offene und kontroverse Diskussionen. Aber immer war das Bemühen um ein einmütiges Votum greifbar. So gab es viele fast einstimmige Entscheidungen, was gerade in Finanzangelegenheiten beachtlich ist. Hohe Sachkompetenz  und Verzicht auf Wiederholen der Argumente beeindruckten mich im Finanzausschuss.

Ein dichtes Programm und zahlreiche Tagungsordnungspunkte mussten entschieden werden. Bei aller Sympathie für den presbyterial-synodalen Entscheidungsprozeß in unserer Landeskirche halte ich doch die Entscheidungen vieler administrativer Punkte nicht geeignet für die Ebene der Landessynode. Diese sollten auf der Ebene „Geschäftsführung“, sprich Kirchenleitung entschieden werden, so zum Beispiel über die neue Software für das kirchliche Finanzwesen. In ihrer gesamten Bandbreite können solche Entscheidungen nicht wirklich von diesem Gremium entschieden werden, sondern die Empfehlung zieht, wie sie eingebracht wird. Bei der jetzigen Verfahrensweise werden Entscheidungen sozialisiert und nicht direkt zugeordnet.

Wahlen und administrative Punkte dominierten die Tagesordnung, wie wohl auch bei Presbyterien und unseren Kreissynoden. Ich vermisste Diskussionen zur Gesamtsituation der Kirche und ihrer Positionen. Zum Beispiel wurde gesagt, dass die Hauptaufgabe der Integration der Flüchtlinge noch bevorsteht. Aber was das für Gesellschaft und Kirche bedeutet, dazu fehlte mir die Diskussion.

Musikalisch war ich von der Zusammenstellung 500 Jahre Kirchenmusik mehr als beeindruckt.

Als berufenes Mitglied auch Teil der Landessynode: Norman Rentrop (2.v.l.). Foto: Uta Garbisch

Trotz der kritischen Anmerkungen war ich vom guten Geist und dem konstruktiven Miteinander beeindruckt und dankbar teilnehmen zu dürfen.

Pfarrer Siegfried Eckert (Bad Godesberg):

Reformatorisch Kirche sein: Unter diese Überschrift stellte Präses Manfred Rekowski seinen Synodenbericht. Die Andachten und Wortmeldungen nahmen die Reformation als Thema auf. Ansonsten dominierten Wahlen und das Alltagsgeschäft. Wir durften als erste Landeskirche das Jubiläumsjahr 2017 eröffnen. Überzeugend genutzt haben wir dies nicht. Da genügte es nicht, über die Drucksache zu den neuen Gemeindeformen „vergnügt, erlöst, befreit“ zu schreiben. Einmal mehr wird eine Landeskirche top-down auf Zwangsbeglückung getrimmt.

Und beim Thema „Zeit fürs Wesentliche“ war ebenfalls viel Rauch um nichts. Presbyterien sollen Vereinbarungen mit Pfarrern und Pfarrerinnen treffen, was zu tun und unterlassen ist. Wir werden sehen, ob diese Regelung hilft oder zu zusätzlichen Belastungen führt.

Ein Thema im Bericht des Präses und abseits der Tagesordnung war der Umgang der Kirche mit der AfD. Hier ziehen dunkle Wolken auf. Wirklich verändern wird unsere Kirche ein Thema: der trennscharfe Religionsmerker. Irgendwann wird Düsseldorf die Kirchensteuer einnehmen und eine Pro-Kopf-Verteilung pro Gemeindeglied erfolgen. Ob das zu eine gerechteren „ecclesia semper reformanda“ führt, wird sich zeigen müssen. Ich habe da so meine Zweifel.

Dr. Ebba Hagenberg-Miliu (Bad Godesberg):

1. Da waren erst einmal Präses-Worte, die mir den Leitgedanken gaben: „Der Glaube an Gott, der die Welt und die Menschen liebt, hat nichts gemein mit Hass gegen einzelne Menschen oder Menschengruppen. Das ist keine Alternative für Christen, sondern eine Pervertierung des Glaubens.“ Und: „Wer sich hier entpflichten will, also die Pflicht gegenüber dem Nächsten aufkündigt, der tritt faktisch aus der Gemeinschaft der Glaubenden heraus, auch wenn er Kirchenmitglied bliebe. Hier gibt es keinen Dispens.“
http://www.ekir.de/www/service/pm-praesesbericht-rekowski-fordert-diskurs-ueber-27519.php

Ebenfalls am Arbeitsplatz: Präses Manfred Rekowski erstattet seinen Bericht. Foto: Uta Garbisch

2. Da war der Beschluss, sich als Landeskirche gegen eine Aushöhlung des individuellen Asylrechts einzusetzen. Wir schafften es auf der Synode aber (aus meiner Sicht: leider) nicht, auch die im Flüchtlingsbericht angesprochene Selbstverpflichtung der Rheinischen Kirche mit in den öffentlichkeitswirksamen Beschluss hinein zu bringen: nämlich die, nicht nur viel von der Politik zu fordern, sondern auch weiter selbst daran zu arbeiten, dass in der Flüchtlingsfrage eine gemeinsame christliche Haltung der evangelischen Kirchen in Europa erreicht wird. Solange der Präses sich etwa von seinem ungarischen Kollegen anhören muss, dass Flüchtlinge doch nichts als Kriminelle seien, besteht da noch riesiger (Ver-)Handlungsbedarf. Leider bekam ich im entsprechenden Ausschuss dafür keine mehrheitliche Zustimmung.
3. Und da war das eindeutige Votum der Synode, sich für eine sofortige und endgültige Abschaltung der Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 in Belgien stark zu machen. O-Ton von Experten: Es sei keine Frage des Ob, ob „die Dinger“ hochgehen, sondern nur noch eine Frage des Wann. Die gesamte Region bis ins Bergische Land hinein werde unbewohnbar.

Superintendent Mathias Mölleken (Meckenheim):

Eher eine unaufgeregte Synode – natürlich mit theologischem Impulsrahmen zum Reformationsjubiläum: „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“ – wobei ein erneuernder Geist mit vorfindlichen Strukturen zu ringen hatte.

Lange Wahlvorgänge für die neun haupt- und ehrenamtlichen Mitglieder der Kirchenleitung – weitere Wahlen für die Besetzung von Ausschüssen und Gremien. Es wundert daher nicht, dass sich der Präses im Freudschen Sinne versprach und die Formel von der sola structura kreierte. Es wird sich zeigen, ob sich neue und ergänzende Gemeindeformen neben unseren Gemeinden sinnvoll entwickeln werden? Dass hier Räume geschaffen werden, finde ich allerdings gut. Bei der Umsetzung der „Zeit fürs Wesentliche“ wird das Moment der Fürsorge und Entlastung im Sinne der Konzentration auf das Wesentliche im Pfarrberuf noch stärker zu betonen sein. Mehr Aufwand wird diese verbindliche Vereinbarungskultur machen – hoffentlich in konstruktiver Weise! An mancher Stelle hätte ich mir mehr Diskussion bei inhaltlichen Fragen um unsere Kirche gewünscht, zum Beispiel bei der Ausgestaltung des Trennscharfen Religionsmerkers oder auch der Gestaltung der Ökumene.

Wie immer sind die Begegnungen und Gespräche am Rande der Synode wichtig. Der Austausch über den eigenen Tellerrand teilt gute Erfahrungen, manche Sorge und vergewissert die Wahrnehmung, dass unsere Kirchengemeinden und Kirchenkreise ein starkes presbyterial-synodales Bewusstsein haben.

Musikalisch hat mich die Uraufführung der Psalmkantate von Matthias Nagel angesprochen. Hier wurde das Reformationsmotto durch einen beeindruckenden Chor- und Instrumentalsatz umgesetzt.

So gehen wir weiter ins Reformationsjubiläum!

Jens Schulz (Euskirchen):

Für mich war es die erste Teilnahme als Synodaler. Und ich bin tief beeindruckt über die dichte, intensive Diskussionskultur wo jedes Wort gehört und aufrichtig um den rechten Weg gerungen wurde. Dieses Jahr haben wichtige Wahlen zur Kirchenleitung und den Ausschüssen viel Raum eingenommen.

Aber auch der inhaltliche Diskurs ist nicht zu kurz gekommen. Mit unserem Beschluss zu „Gemeinde formen“ haben wir behutsam neue Wege eröffnet, unser kirchliches Leben weiterzuentwickeln. Unsere evangelische Kirche sieht sich damit zu Recht als eine „ecclesia semper reformanda“, eine immer neu zu verändernde Kirche.

Gerade im Reformationsjahr beweist sie damit, dass sie Kirche auf dem Wege, Kirche mitten in der Zeit ist und als Kirche auf konkrete Herausforderungen ihrer Tage auch Antworten hat. Vergnügt, erlöst, befreit ist unsere Kirche mit den ausgewogenen Beschlüssen dieser Landessynode auf einem guten Weg.

Melina Wolf (Wachtberg):

Vom 8. bis 13. Januar nahm ich (Melina Wolf, 20, Wachtberg) an der Landessynode in Bad Neuenahr teil. Ich war als Gast der Jungen Generation von der Evangelischen Jugend im Rheinland dabei. Es war meine erste Landessynode, deshalb war ich von den ganzen Informationen ziemlich erschlagen. Dennoch war es sehr interessant, vor allem die Ausschuss-Sitzungen, denn dort konnte ich über Themen reden, die mich auch betroffen haben. Ich war in dem Ausschuss für öffentliche Verantwortung; dort haben wir über den Klimaschutz, die Flüchtlingsproblematik an den EU-Außengrenzen und die Abschaltung der Atomreaktoren Tihange und Doel diskutiert. Insgesamt war es eine sehr interessante, aber auch anstrengende Woche; trotzdem würde ich nächstes Jahr gerne wieder zur Landessynode fahren – nicht nur wegen der Themen, die diskutiert werden, sondern auch wegen der netten Menschen, die ich dort getroffen habe.

Alle Infos und Themen der Landessynode 2017: www.ekir.de