Festival der Reformatorinnen

Elisabeth Cruciger (ganz vorne, gespielt von Judith Weichsel) beim "Festival der Reformatorinnen". Foto: Meike Böschemeyer

Gefeierte Uraufführung in Bonn Die eine war Rebellin, die andere Kirchenmutter. Eine träumt davon, selbst zu predigen. Die  vierte heiratet einen Reformator nach dem anderen. In einer Schankwirtschaft gehen sie alle ein und aus.  Hier wird die weibliche Seite der reformatorischen Bewegung lebendig. Festival der Reformatorinnen heißt das Theaterstück, das am Samstag im Bonner Haus […]

Gefeierte Uraufführung in Bonn

Die eine war Rebellin, die andere Kirchenmutter. Eine träumt davon, selbst zu predigen. Die  vierte heiratet einen Reformator nach dem anderen. In einer Schankwirtschaft gehen sie alle ein und aus.  Hier wird die weibliche Seite der reformatorischen Bewegung lebendig.

Festival der Reformatorinnen heißt das Theaterstück, das am Samstag im Bonner Haus der Kirche Uraufführung hatte. Dreh- und Angelpunkt aber ist die dortige Wirtin im heiratsfähigen Alter. Sie belauscht, kommentiert und missbilligt bisweilen das Gesagte: „Ich will nicht ins Fegefeuer. Da könnte ihr schön allein hingegen.“ Insgesamt 13 Frauen unterschiedlichen Alters, ungleicher Herkunft und Bildung stehen in dem Stück im Rampenlicht.  Sie zeigen deutlich, dass sie viel mehr sind, als die Frau an der Seite eines Reformators.

Gehen oder bleiben ?

Viel Energie und noch mehr Ideen: Festival der Reformatorinnen. Foto: Meike Böschemeyer
Foto: Meike Böschemeyer

Wie Elisabeth Cruciger, gespielt von Judith Weichsel. Die frühere Nonne gilt erste Liederdichterin des Protestantismus und war eine enge Freundin Katherina von Boras. Ihr Epiphaniaslied (eg 67) steht noch heute im Gesangbuch, schwungvoll vorgetragen von Weichsel. Sie ist es auch, die selbst predigen möchte. Oder Katharina Schütz Zell, eine frühe feministische Theologin, dargestellt von Dagmar Gruß. Sie schrieb die Rechtfertigung für den Zölibatsbruch ihres Mannes, kannte die wichtigen Bibelstellen der feministischen Theologie schon vor 450 Jahren. Wiederholt hielt sie Leichenreden. Selbst der linke Flügel der Reformation war ihr nicht fremd. Oder Caritas Pirckheimer (Wibke Janssen), humanistisch geprägte Äbtissin in Nürnberg. Als die Stadt sich der Reformation anschließt, hält Caritas dagegen:  „Weil es im Kloster mehr Bildung, mehr Freiheit und mehr Gemeinschaft gibt, als außerhalb.“ Gehen oder bleiben? Das Ringen um den rechten Weg ist nicht nur für die seinerzeit entflohenen Nonnen ein wiederkehrendes Thema.

Hexenverfolgung und der schwarze Tod

Zu spüren bekommt das natürlich Katharina von Bora (Sabine Cornelissen), deren Verbindung mit Luther vielen Zeitgenossen als Teufelswerk gilt. Sie wählt den Ehemann selbst, ist als Geschäftsfrau und Bierbrauerin erfolgreich. Entsprechend müde und erschöpft besucht sie bisweilen die Wirtschaft. So blendet die Inszenierung auch negative Facetten der Protagonistinnen nicht aus. Etwa wenn Elisabeth Fürstin von Calenberg die Geliebte ihres Mannes als Hexe verfolgen lässt. Eine Sorge, die auch die Wirtin umreibt. Der schwarze Tod, die Pest sucht die Frauen und ihre Familien heim. Sollte man für das Seelenheil des toten Kindes vielleicht doch einen Ablass erkaufen, um es vor der Hölle zu bewahren?

Das reformatorische Kammerspiel unter der Regie von Heike Wertgen besticht durch wohl dosierten Witz, viele Einblicke, tolle Kostüme und Live-Musik der Renaissance, gespielt und gesungen vom Ensemble Anderersaits. Stehender Applaus des Premierenpublikums! Die Idee hatten Sabine Cornelissen, Frauenbeauftragte des Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel, und Pfarrerin Dagmar Gruß, Synodalbeauftragte für Frauenfragen im Kirchenkreis Bonn. Alle Kirchenkreise der Region und die Landeskirche haben die Inszenierung unterstützt.

Weitere Aufführungen

Nie um einen Kommentar verlegen: die Wirtin (Simone Silberzahn), rechts. Foto: Meike Böschemeyer
Foto: Meike Böschemeyer

Wer es verpasst hat, das Stück ist jeweils von 18 – 21 Uhr zu sehen:

Samstag, 24. Juni: Maria-Magdalena-Kirche, Sebastianusweg 5-7, 53913 Swisttal-Heimerzheim

Samstag, 2. September: Emmauskirche, Dollendorfer Straße 399, 53639 Königswinter – Heisterbacherrott

Samstag, 16. September: Johanneskirche Troisdorf, Viktoriastraße 1, 53840 Troisdorf

Samstag, 14. Oktober: Evangelische Kirche Euskirchen, Kölner Straße 41, 53879 Euskirchen

Außerdem ist das Ensemble auf dem Evangelischen Kirchentag zu Gast.

Hier das Anmeldeformular: Anmeldung_Reformatorinnen_ausfüllbar

Festival der Reformatorinnen – Ein Projekt der Kirchenkreise Bonn, Bad Godesberg-Voreifel und An Sieg und Rhein zum Reformationsjubiläum 2017 mit freundlicher Unterstützung der Evangelischen Landeskirche im Rheinland

Es spielen: Christine Hammer (Elisabeth Hecklerin), Wibke Janssen (Caritas Pirckheimer), Ursula Bihler (Herzogin Ursula von Münsterberg), Stefanie Graner (Argula von Grumbach), Dagmar Gruß (Katherina Schütz Zell), Sabine Cornelissen (Katharina von Bora), Judith Weichsel (Elisabeth Cruciger), Gudrun Schlösser (Widbrandis Rosenblatt, Ol y mpia Fulvia Morata), Sonja Muth (Gräfin Anna II. Stolberg), Claudia Curtius (Ursula Weyda), Helga Boese (Elisabeth Fürstin von Calenberg-Göttingen), Maria Wilmink (Magdalena Heymair) und  Simone Silberzahn (Wirtin).
Regie: Heike Werntgen
Kostüme: Heidi Axler und Bärbel Goddon
Kulisse: Sabine Gosebruch