Evangelische Kitas sind für alle da

Was ist der Mehrwert evangelischer Kindertageseinrichtungen? Da waren sich die Beteiligten einer Podiumsdiskussion des Rheinischen Verbandes Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder einig: Sie stehen für ethische Werte und interkulturelle Öffnung.  Die evangelischen Kitas „dienen der Identitätsfindung und der Orientierung auf dem Lebensweg jedes Kindes“, erklärte Oberkirchenrat Klaus Eberl für die Evangelische Kirche im Rheinland. Es sei […]

Was ist der Mehrwert evangelischer Kindertageseinrichtungen? Da waren sich die Beteiligten einer Podiumsdiskussion des Rheinischen Verbandes Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder einig: Sie stehen für ethische Werte und interkulturelle Öffnung. 

Die evangelischen Kitas „dienen der Identitätsfindung und der Orientierung auf dem Lebensweg jedes Kindes“, erklärte Oberkirchenrat Klaus Eberl für die Evangelische Kirche im Rheinland. Es sei für ihn selbst faszinierend, wie gut das evangelische Profil gerade auch von muslimischen Eltern angenommen werde. „Auch muslimische Familien wollen, dass ihre Kinder ethische Werte vermittelt bekommen“, so Eberl, Leiter der Abteilung Bildung im Landeskirchenamt. 

Die Landeskirche sei stolz, dass evangelische Tagesstätten nicht nur Leuchtturmfunktionen wahrnähmen, sondern in der Fläche Akzente setzten. „Der (Mehr-)Wert Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder“ lautete das Thema der Podiumsdiskussion im historischen Gemeindehaus der Bonn-Bad Godesberger Erlöserkirche. Sie fand im Rahmen der Mitgliederversammlung des Rheinischen Verbands für Kindertageseinrichtungen statt.

„Evangelische Kindertageseinrichtungen haben eine anerkannt hohe Qualität und Interkulturalität. Sie sind für alle da. Sie sind gelebtes Evangelium vor Ort“, betonte Sabine Herrenbrück, Fachleiterin Kindertagesstätten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Jedes Kind habe ein Recht auf Religion oder ein Recht auf keine Religion. Religiöse Bildung in evangelischen Kindertagesstätten heiße nun aber auf keinen Fall Rekrutierung neuer Gemeindemitglieder.

Religionen kennen lernen

„Religiöse Bildung heißt Kennenlernen der eigenen und anderer Religionen. Und letztlich leisten wir damit in unseren Einrichtungen auch Prävention von Extremismus“, so Herrenbrück. Kirchliche Kindergärten stünden für Inklusion statt Exklusion. Sie seien in Dörfern oftmals mittlerweile sogar einziger Treffpunkt einer Ortsgemeinde, ergänzte der Humangeographie-Professor i.R. Gerhard Henkel (Essen).

Dem stimmte auch Manfred Walhorn vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen zu. Kinder wüchsen heutzutage zunehmend in öffentlicher Verantwortung auf. „Die Kirchen sind für das Land ganz wichtige Träger.“ Über die Hälfte aller Kindertagesstätten im Land sei konfessionell, im Bereich der Betreuung unter Dreijähriger sei der Prozentsatz sogar noch höher, erklärte der Leiter der Abteilung Kinder, Jugend.

Erwünschte Pluralität

Die kirchlichen Träger mischten sich zudem konstruktiv in die Fachdiskussion um alle Fragen der pädagogischen Qualität und etwa auch der Sprachbildung im Kindergartenbereich ein, auch das sei ein positiver Beitrag. „Um der Pluralität wegen ist für uns die Stärkung kirchlicher Träger gewollt“, sagte der Ministerialdirigent.

Eva Müller, Autorin des Buchbestsellers „Gott hat hohen Nebenkosten“, erklärte, dass immer weniger Menschen den großen Kirchen angehörten. Da sei das Verhältnis kirchlicher und städtischer Kindertagesstätten nicht mehr angemessen, zumal der Großteil der Finanzierung auch ihrer Einrichtungen gar nicht von den Kirchen komme. Es könne nicht sein, dass Eltern Kinder nur deshalb taufen ließen, um einen Platz in einer Kindertagesstätte zu ergattern, so Eva Müller über Fälle, die sie im katholischen Bereich recherchiert habe. „Ich bezweifle, dass Eltern es so sehen, dass christliche Einrichtungen für alle da sind.“ Die Pluralität müsse in allen Bereichen der Kinderbetreuung gewährleistet bleiben.

Zu wenig Kita-Plätze

Das aktuelle Problem liege doch nicht darin, dass Eltern ihre Kinder nicht in evangelische Kindergärten schicken wollten, sondern dass es einfach generell viel zu wenige Plätze gebe, meinte Sabine Lente, Fachberaterin Kindertagesstätten der Kirchenkreise Bonn, Bad Godesberg-Voreifel und An Sieg und Rhein.

Ja, pflichtete Oberkirchenrat Eberl ihr bei, gerade die konfessionellen Einrichtungen müssten viele Interessenten ablehnen. Bei der Aufnahme sei aber keineswegs die Kirchenzugehörigkeit entscheidend. „Im Wesentlichen geht es bei uns um die soziale Frage, wer die Plätze vor Ort wirklich braucht.“ In NRW gebe es evangelische Kindergärten mit 90 Prozent muslimischen Kindern, so Eberl.

Den Fachkräftemangel beheben

Kopfzerbrechen mache den Evangelischen Tageseinrichtungen, wenn es in der praktischen Arbeit immer mehr um Qualitätsstandards und Wirtschaftlichkeit statt um den einzelnen Menschen gehe, monierte Jens Sannig, Vorsitzender des Fachverbands Kindertageseinrichtungen. „Gerade wir als Kirche müssen doch vermitteln: Was ist der Wert des einzelnen Kindes und nicht der der Ökonomie.“ Auch im Bereich der Kindertagesstätten müsse laufend gespart werden, Einrichtungen sollten immer mehr Kinder in die Gruppen zwängen. „Da müssen wir als Evangelische Einrichtungen auch mal Nein sagen können“, sagte Sannig unter großem Beifall.

Buchautorin Müller schwenkte daraufhin zum Thema Fachkräftemangel über, was ihr viel Zustimmung bei den Tagungsteilnehmenden sicherte. Der müsse unbedingt behoben werden. Im Arbeitsamt Bonn sei kürzlich einer Muslima abgeraten worden, in die Kinderbetreuung zugehen, weil nur christliche Erzieherinnen eingestellt würden. Prompter Protest im Podium: „Da muss die Berufsberatung des Arbeitsamts dringend beraten werden“, kritisierte Walhorn.

Interkulturelle und konfessionelle Öffnungen

Die evangelische Kirche stelle in ihren Tagesstätten mit interreligiösem Profil immer mehr muslimische Mitarbeitende ein, rechnete Oberkirchenrat Eberl vor. „Unsere Kindertagesstätten dienen ja gerade der interkulturellen Öffnung.“

Wie es denn mit den Einstellungsmöglichkeiten katholischer Kräfte in evangelischen Einrichtungen sei, wurde aus dem Publikum nachgehakt. Bisher sei das für alle Mitglieder von Kirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) immer mit einer Ausnahmegenehmigung automatisch gelaufen, antwortete Eberl. „Wir sind aber gerade dabei, diese Genehmigungspflicht abzuschaffen“, fügte er hinzu. Zukünftig werde die Aufnahme etwa katholischer Kräfte also noch zügiger ablaufen können.

 

ekir.de / ham, neu / Evangelische Kirche im Rheinland – Ekir.de / 27.11.2014

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