„Erste Hilfe für die Seele“

Notfallseelsorge: Pfarrer Uwe Rieske im Einsatzgespräch mit Rettungskräften an der Unglücksstelle (Foto: ekir/ Lars Bergengruen)

Die Notfallseelsorge ist in Bonn und der Region fast täglich im Einsatz. Im Jahrespressegespräch berichteten Pfarrer Albrecht Roebke, Landespfarrer Uwe Rieske und Pater Jürgen Langer über ihre so wichtige Arbeit nah an den Menschen in großer Not. Die häufigsten Einsätze sind gar nicht die großen Katastrophenfälle, von denen man in den Medien höre, sehe und […]

Die Notfallseelsorge ist in Bonn und der Region fast täglich im Einsatz. Im Jahrespressegespräch berichteten Pfarrer Albrecht Roebke, Landespfarrer Uwe Rieske und Pater Jürgen Langer über ihre so wichtige Arbeit nah an den Menschen in großer Not.

Die häufigsten Einsätze sind gar nicht die großen Katastrophenfälle, von denen man in den Medien höre, sehe und lese, sondern der plötzliche Tod zuhause, erläutert Pfarrer Albrecht Roebke. Der Schock, wenn aus „heiterem Himmel“ der Ehepartner, die Freundin, Vater oder Mutter tot aufgefunden wird. „Jeder Tod ist traurig und eine Krise, aber wenn er Angehörige völlig unvorbereitet trifft und die Ursache erst einmal unklar scheint, ist es besonders hart.“ Gut, wenn dann neben Notarzt und der Polizei gleich auch ein Seelsorger, eine Seelsorgerin vor Ort ist, erzählt Pfarrer Roebke.

Insgesamt 22 ausgebildete Ehrenamtliche in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis stehen Pfarrer Roebke und seinem katholischen Kollegen Pater Jürgen Langer derzeit zur Verfügung, um „rund um die Uhr“ da zu sein, wenn Rettungskräfte sie anfordern. „Konfession spielt da keine Rolle, es geht um unmittelbare Lebenshilfe“, betont Langer, katholischer Koordinator in Bonn und der Region. 2017 wurde das Team der Notfallseelsorge Bonn/Rhein-Sieg zu 314 Todesfällen gerufen. Sie ist damit das einsatzstärkste Team im Rheinland.

 

„Wir brauchen ein Konzept für mehr Opferschutz“

Berichten in Bonn aus der Arbeit mit Menschen in großer Not: Pfarrer Albrecht Roebke (v.r.), Landespfarrer Uwe Rieske und Pater Jürgen Langer (Foto: Joachim Gerhardt)

Landespfarrer Uwe Rieske lobte die tolle Arbeit vor Ort und sprach sich grundsätzlich für ein „Opferschutzkonzept“ für NRW“ aus. „Wir brauchen dringend eine bessere Nachsorge für die Angehörigen nach plötzlichen Todesfällen.“ Dafür sei ein Konzept nötig, „das vom Bedarf und von der Not der Betroffenen ausgeht und für diese Menschen verlässliche Hilfsangebote entwickelt“, erklärte der für Notfallseelsorge zuständige Pfarrer der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Unglücksfälle wie der Germanwings-Absturz oder das Attentat auf dem Breitscheidplatz in Berlin hätten gezeigt, wie wichtig eine Nachsorge sei, die Polizei, Seelsorge und andere zuständige Akteure miteinander vernetze. Vor Ort könnten zudem „klarer Verabredungen getroffen werden“, bei welchen Einsätzen Notfallseelsorge zu beteiligen sei. „Unser Angebot kann in vielen Regionen im Rheinland bei den Rettungsdiensten noch besser im Blick sein“, so Pfarrer Uwe Rieske.

Die Kirchen nähmen mit der Notfallseelsorge eine wichtige Aufgabe für die Gesellschaft wahr, ergänzte Pater Langer. Er wünsche sich daher „ein stärkeres Nachdenken darüber, ob es eine kommunale Mitfinanzierung unserer Arbeit geben kann.“ Die Notfallseelsorge finanziere sich bislang aus der Kirchensteuer und sei wesentlich auf Spenden angewiesen.

Ehrenamtliche erhalten Ausbildung

Zuhören, dasein, in den Arm nehmen: Notfallseelsorgerin mit Angehörigen nach einem schweren Verkehrsunfall (Foto: ekir/ Lars Bergengruen)

Laut Landespfarrer Rieske sind in NRW derzeit 57 Teams der Notfallseelsorge mit etwa 1.700 Mitarbeitenden (850 hauptamtlich und 850 ehrenamtlich Mitarbeitende) in 47 Landkreisen und kreisfreien Städten aktiv und werden im Schnitt pro Jahr zu fast 4.000 Einsätze gerufen. Das Angebot der Notfallseelsorge bestehe, so Rieske, seit etwa 20 Jahren und sei von den Kirchen konsequent als seelsorgliches Arbeitsfeld ausgebaut und im Rahmen der bundesweiten Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) mit eigenen Standards versehen worden. Wer mitwirken will, erhalte eine etwa einjährige Ausbildung, denn ohne eine „gewachsene Persönlichkeit und psychosoziale Kompetenz“ gehe diese so hilfreiche Arbeit nicht.

 

Joachim Gerhardt / 02.03.2018